Auf und Ab

02.04.2024 – 20:18 Uhr: Ein Jahr ein Blog – so lange ist es tatsächlich schon wieder her, seitdem ich das Projekt „Logbuch“ gestartet habe. Ich war mir zum Zeitpunkt des ersten Eintrags noch nicht einmal sicher, ob es länger als die Reiseberichterstattung im vergangenen Sommer halten würde, noch ob ich die Lust verspüre, den Blog überhaupt bis dahin zu führen. Nun sind 366 Tage (Schaltjahr) vergangen und dieses virtuelle Journal ist ein kleiner Begleiter geworden. Er zeigt mir, dass in so einem Jahr eben doch sehr viel passiert. Schöne Momente, traurige Stunden. Vor allem aber lässt er mich in so manch trüben Momenten in so herrlichen Erinnerungen schwelgen. Ich zehre noch immer von unserer wilden Fahrt in die große weite Welt in Amerika. Nicht nur, weil alles so dermaßen gut geplant war, sondern weil ich eben viele Augenblicke in diesem Tagebuch verewigt habe, an die ich immer noch so gerne zurück denke. In diesen drei Wochen im August 2023 war die Welt für uns schlichtweg in Ordnung – die Welt ist auch jetzt wieder in Ordnung. Unsere Schweden-Pläne lassen uns schon voller Vorfreude in den kommenden Sommer blicken. Doch auch der nicht ganz überraschende Tod meines Vaters im letzten Herbst war geschehen. Und so wurde dieser Blog gewissermaßen auch zu meinem Therapeuten. Denn ich habe in den vergangenen Wochen viel nachgedacht und reflektiert. Über mich und über das Leben. Ich bin kein anderer Mensch geworden, aber ich sehe die Welt ein Stück weit mit anderen Augen, als noch vor einem Jahr. Und das Schreiben hat mich während dieser Entwicklung begleitet.

Vor genau einem Jahr verbrachte ich die Osterferien mit Mann und Kind in Stralsund. Diesmal wollen wir uns für ein paar Tage wieder mehr in die Mitte Deutschlands begeben – nach Thüringen. Auf einem Kurzreisen-Portal haben wir ein gutes Angebot für ein Hotelarrangement gefunden und werden es uns die kommenden drei Tage gut gehen lassen. Im gleichen Hotel haben der Mann und ich schon mal vor 11 Jahren einen „Romantik“-Aufenthalt verbracht. Wusste er natürlich nicht mehr – obwohl wir damals im tiefsten Winter noch auf halber Strecke des Hügels – das Hotel liegt etwas erhöht – stecken geblieben waren. Es war so glatt, dass wir die Anhöhe nicht hochkamen und schließlich am Fuße des Berges parken mussten, denn der Winterdienst hatte sich erst wieder für den nächsten Tag angekündigt. Diesmal verspricht das Wetter allerdings frühlingshaft und gut zu werden. Ob ich in den nächsten Tagen zu meiner Entspannung komme, wird sich zeigen. Denn wie es bei einem Startup so ist, geht es auch auf der Arbeit gegenwärtig noch drunter und drüber. Den Rechner werde ich also mitnehmen – sicher ist sicher.

Doch neben der allgemeinen Kurzurlaubsvorbereitung gab es heute noch viel zu erledigen. Die Arbeit klopfte nochmal ganz vorsichtig an, Junior musste zum Kindergeburtstag gebracht und das alte Auto meiner Mutter aus der Werkstatt abgeholt und in die Wäsche gefahren werden. Und als wäre ich noch nie Schaltwagen gefahren, wurde ich vom Mitarbeiter der Anlage dezent darauf hingewiesen, doch bitte die Handbremse zu lösen. Faux-Pas Nummer 1. Nach der Wäsche das Auto noch rasch aufbereitet und wunderliche Geräusche aus dem Fahrzeug herausgeholt („Krrrrrrrrrrrch“) – stimmt, da war noch was mit der Kupplung. Wenn man sich erst an Automatik gewöhnt hat, vergisst man dieses kleine Detail dann doch schon mal. 😉

Inzwischen ist Junior als verwandelter Tiger vom Geburtstag heimgekehrt. Nun müssen nur noch die sieben Sachen zusammengesucht werden, um morgen gen Thüringen aufzubrechen. Vielleicht ist ja doch so etwas wie Erholung drinnen. 😉 In diesem Sinne: auf die nächsten 365 Tage, es darf gerne noch ein kleines bisschen besser werden!

Schachzüge und Chorklänge

17.03.2024 – 13:32 Uhr: Vor kurzem hat Junior die Fußballschuhe gegen das Schachbrett eingetauscht – als ruhiger Charakter unter eher lebhafteren Kids war sein Wohlbefinden unter den anderen Jungs nicht immer vollständig gegeben. Das bedeutet keineswegs, dass Fußball nun kein Thema mehr ist oder dass unsere Wochenenden seither ruhiger verlaufen. Am vergangenen Samstag fand das Brandenburger Schulschach-Turnier statt und er war Teil des Teams. Was wie ein gähnend langweiliger Tag klang, stand Juniors bisherigen Teilnahmen an den Vereins-Fußball-Turnieren der Gemeinde in nichts nach. Für mich als halben Laien mutete die Situation zu Beginn etwas „speziell“ an. Doch die Veranstaltung wurde von allen Beteiligten dermaßen ernst genommen, dass der Kampfgeist deutlich zu spüren war und meine Vorurteile schnell nichtig wurden. Einige Teams trugen sogar richtige Teamkleidung. Junior vertrat das Team in vier von sieben Partien und spielte das erste Mal mit einer Schach-Uhr. Seine erste Runde war allerdings bereits nach 30 Sekunden schon wieder vorbei, als sein Gegenspieler Juniors anfängliche Unsicherheit mithilfe des Schäferzugs gnadenlos ausnutzte. Nachdem die Tränchen getrocknet und das Spiel gemeinsam mit dem Coach analysiert wurden, gewann er die übrigen Spiele. Die letzte Runde wurde nochmal heikel, als Junior bereits in wenigen Zügen die Dame geklaut wurde. Wir beobachteten, wie sehr er mit seinen Gefühlen kämpfte – doch das Spiel war noch nicht verloren – und am Ende gewann er die Partie. Platz 10 seines Teams in der Gesamtwertung und im Herbst findet das nächste Turnier statt. Und natürlich wird Junior wieder dabei sein. Insgesamt verbrachten wir einen ganzen Tag beim ausrichtenden Schul-Campus und erlebten Freude, Spannung und Enttäuschungen – nervenaufreibender als jedes Fußball-Turnier!

Meinem Hobby konnte ich gestern wieder frönen, als sich mein alter Schulchor erneut zu einem gemeinschaftlichen Singen traf. Es ist einfach schön zu sehen, wie sich dieser Chor auch mittlerweile zig Jahre nach dem Abitur trifft, um liebgewonnene Lieder aus der Schulzeit zu singen, begleitet vom Musiklehrer, der diese Treffen bis heute initiiert. Es ist, als würden wir zurückversetzt in die guten alten Zeiten von damals. Auf den Chor habe ich mich auch früher immer gefreut. Auch gestern hatte das Treffen meine Stimmung gehoben, nachdem ich zuvor der Grabstelle meines Vaters noch einen Kurzbesuch abgestattet hatte. Allerdings war es recht voll und mit der Ruhe hielten es andere Besucher nicht besonders streng – verständlich – es handelt sich ja schließlich um eine Urnensammelstelle, was eben viele Angehörige an den gleichen Platz zieht. Bewegt war ich trotzdem. Das gemeinsame Musizieren danach war gewissermaßen heilsam. Und das schwedische Volkslied „Kristallen den fina“ hat mich immerhin bereits voller Vorfreude auf den anstehenden Sommer in Schweden blicken lassen.

Ansonsten fällt Disneyland über die kommenden Ferien flach und es wird eher auf eine Kurzreise in der hiesigen Umgebung hinauslaufen. Doch erstmal kommt Ostern und wie immer müssen sehr viele Dinge vorbereitet werden. Als Elternvertreterin gehört die Vorbereitung der Eiersuche zu meinem Aufgabengebiet. Glücklicherweise hatte die zweite Vertreterin wie auch schon zu Weihnachten mehr Tatendrang als auch Händchen für die Organisation der kleinen Präsente, sodass ich mich in dieser Hinsicht etwas entspannen und mich mehr auf die auf die drögen Schulkonferenzen konzentrieren konnte. Aber auch die private Ostereiersuche will organisiert werden. Insofern wird es auch zu Hause nicht langweilig.

Downer

29.02.2024 – 20:53 Uhr: Der Februar ist geschafft und so langsam sehne ich mich nach dem Frühling. In den letzten Tagen erfuhr meine Gefühlslage einen ordentlichen Dämpfer – obwohl es gar keinen wirklichen wirklichen Grund gibt. Vielleicht nur zyklusbedingt, vielleicht die fehlende Sonneneinstrahlung. Die Wahrheit ist aber auch: morgen wäre mein Vater 70 Jahre alt geworden. Meine Mutter unterstütze ich derzeit mit zahlreichen organisatorischen Themen – die meisten hängen mit meinem verstorbenen Papa zusammen: Testamentseröffnung (arbeitet da eigentlich auch mal jemand beim Nachlassgericht?!), Schließung des Bankkontos – außerdem muss der alte Fiat meiner Mutter zum TÜV und der Termin beim Steuerberater vorbereitet werden. Es ist nicht so, dass mich dieses Ehrenamt in irgendeiner Weise belasten würde – aber das sind neben der Arbeit und dem eigenen zu bewerkstelligenden Alltag noch zusätzliche Tätigkeiten, die mein Leben aktuell bestimmen. Und Papa vermisse ich gerade eben wieder auch verstärkt.

Anfang Februar war ich wieder auf einem Konzert von Final Stap. Diese Band besteht aus zumindest in Ostdeutschland durchaus bekannten Künstlern – das bekannteste Gesicht der Band dürfte wohl Prinzen-Frontmann Tobias Künzel sein, der hier das Mikrofon mit dem Schlagzeug eingetauscht hat. Musikalisch bewegt sich Final Stap in der klassischen Rock-Musik und covert zahlreiche Oldies – und das auf ziemlich hohem Niveau. Vor zwanzig Jahren war ich das erste und vorerst auch letzte Mal auf ihrem Konzert gewesen. Mein Vater holte mich damals noch nach der Hälfte des Konzerts aus dem Kesselhaus der Berliner Kulturbrauerei – der nächste Tag war ein Wochen- und damit Schultag. Ich erinnere mich noch daran, dass irgendein Test – Erdkunde oder Geschichte – anstand – und dass ich diesen grandios versemmelt hatte. 😉 Das Konzert diesmal war aber super! Es wurde gespickt mit zahlreichen Gästen, wie Ingo Appelt, Christof Stein-Schneider (Fury in the Slaughterhouse) – aber der Auftritt von Fools-Garden-Sänger Peter Freudenthaler war mein persönliches Highlight. Natürlich wurde ihm zu Ehren auch „Lemon Tree“ angestimmt. Das Publikum erinnerte sich auch dreißig später an diesen Song. (Wow – allein die Erinnerung an diesen Abend hebt meine Stimmung gerade gewaltig!)

Ansonsten stagniert die Reiseorganisation nach Schweden gerade etwas, auch wenn eine Übernachtung im Camper im tiefsten tiefsten Wald und ohne Internet oder Warmwasser schon gebongt ist (Ja, meine Damen und Herren, so fangen Horrorfilme an). Da der Mann gerade nach einem neuen Job sucht, ist die ganze Planung aber noch etwas unsicher, sodass ich mich derzeit eher um die nächste Kurzreise kümmere. Anfang April geht es nämlich vielleicht zusammen mit Junior zum Mutter-Kind-Trip nach Paris inklusive Disneyland – auch wenn die Preise meine Budgetvorstellungen dezent sprengen. Aber man wird ja wohl noch träumen dürfen. Und nur durch Disney wissen wir schließlich auch: „A dream is a wish your heart makes!“ 😉

Back to business

01.02.2024 – 13:47 Uhr: Der erste Monat ist geschafft, die ersten Herausforderungen sind gemeistert und so langsam habe ich mich eingegroovt. Vorsätze wurden bisher nicht umgesetzt, allerdings habe ich – bis auf Schokolade vielleicht – auch keine wirklichen Laster. Naja, bis auf die paar Kilo mehr auf der Waage, die irgendwie noch verbrannt werden müssen. Aber bis zum Sommer sind es ja schließlich noch ein paar Monate. Immerhin dusche ich seit zwei Tagen morgens kalt. Das liegt allerdings weniger am neuen Mindset, als an der defekten Gebäudeheizung – mal wieder. Ablenkung bringt die Ausstrahlung des Dschungelcamps (doch noch ein Laster).

Immerhin, ein Ziel gibt es: die Schweden-Rundreise im Sommer nimmt langsam Formen an. Die Route ist gesteckt und zeitlich grob geplant. Dänemark und Norwegen werden wir im Rahmen eines Besuchs der jeweiligen Hauptstädte ebenfalls ankratzen. Ansonsten wird es einmal rund um Südschweden herum gehen – inklusive der Inseln Gotland und Öland. Für 18 Tage ein durchaus straffes Programm, aber mit mindestens 2 Übernachtungen an fast jedem Zwischenstopp durchaus machbar. Für die Routenplanung habe ich ChatGPT zur Rate genommen – und habe bemerkt, wie die KI an ihre Grenzen gestoßen ist. Mehrfach hat das Tool die Anzahl der Nächte falsch beziehungsweise gar nicht aktualisiert ausgegeben, während es mir weismachen wollte, die Nächte seien korrekt gezählt. Es scheint tatsächlich so zu sein, wie ich es vor einigen Wochen in einem Artikel gelesen hatte. Der Chatbot wird faul. Aber wer kann es ihm schon verdenken?

Diesmal wird die Reise weitgehend auf vier Rädern stattfinden – natürlich nicht ohne dabei wenigstens einmal die längste Schrägseilbrücke der Welt für den kombinierten Auto – und Bahnverkehr zu passieren. Doch auch auf Kiel wird unsere Route ein paar mal verlaufen, schließlich liegt das Land auf einer Halbinsel.

  1. Start in Rostock, DE (1 Nacht)
  2. Kopenhagen, DK
  3. Malmö, SE (2 Nächte)
  4. Göteborg, SE (3 Nächte)
  5. Oslo, NO (2 Nächte)
  6. Örebro, SE (1 Nacht
  7. Uppsala, SE
  8. Stockholm, SE (2 Nächte)
  9. Gotland, SE (3 Nächte
  10. Öland, SE (2 Nächte)
  11. Trelleborg, Se (1 Nacht)
  12. Ende in Sassnitz, DE

Eventuell werde ich den Plan aber noch einmal überarbeiten – er ist tatsächlich etwas eng und die Urlaubskontingente in diesem Sommer zusätzlich noch etwas knapper bemessen, als letztes Jahr. Danach geht es in die Organisation der Unterkünfte und die Detailplanung im Allgemeinen. Und natürlich werde ich unser Reiseziel vorher genauestens studieren. Ist Carl Gustaf eigentlich noch König (ein Detail, dass ich im Übrigen durch einen alten Prinzensong nicht gewusst hätte 😉 )?

Es geht aufwärts

21.01.2024 – 16:16 Uhr: Die Traurigkeit ebbt langsam ab. Irgendwie muss ich mich die nächsten bestenfalls 40 und vielleicht ja auch noch 50 Jahre meines Lebens über Wasser halten. In meinem unmittelbaren Umfeld habe ich von zwei weiteren Todesfällen erfahren – immer waren es die Väter – Männer, passt auf euch auf! Jedenfalls, die Welt dreht sich weiter und Menschen kommen und gehen. Es gilt also, die verbleibende Lebenszeit so gut wie möglich zu gestalten.

Heute ging es hoch hinaus – zum Frühstück auf den Berliner Fernsehturm. Als Ur-Berlinerin war ich natürlich schon einige Male dort oben. Vor einigen Jahren aber erstmalig im Dreh-Restaurant „Sphere“, wofür man natürlich schon das notwendige Kleingeld benötigt, aber der Besuch lohnt sich definitiv! Da der Mann kürzlich Geburtstag hatte, habe ich diesmal die Runde springen lassen. Während wir uns also mit einer Geschwindigkeit 3,3 Metern pro Minute entlang des Panoramaglases bewegten, genossen wir bei einem exquisiten Frühstück die Aussicht über die Hauptstadt. Trotz wolkenbehangenem Himmel jedoch sogar bis zum 80 Kilometer entfernten Tropical Island. Und auch diesmal wird es nicht das letzte Mal gewesen sein. Bisher haben wir das Sphere immer nur in den Wintermonaten besucht, daher wird der nächste Besuch für einen warmen Mittsommerabend vorgemerkt.

Hallo Berlin!

Ansonsten erschien der Beitrag über meinen Arbeitgeber inzwischen im Vorabendprogramm des Regionalsenders und meine Brille bekam einen Auftritt im Großformat, als es darum ging, die Nerdigkeit des codenden Kollegiums zu verdeutlichen. Leider kam auch mein knittriges Kleid ins Bild – naja – immerhin war es Gratiswerbung für die Firma sowie unseren zweitägigen Auftritt auf der „Grünen Woche“. Aus Versehen habe ich mich dann noch für die Standbetreuung an unserem zweiten Präsenztag angemeldet, nachdem ich darauf hinwies, wie wichtig es möglicherweise wäre, einen Native Speaker für das hauptsächlich deutschsprachige Publikum vor Ort zu haben – and that’s how it went. Immerhin steht fest, dass die Versorgung mit Häppchen gesichert sein wird.

Celebration of Life

12.01.2024 – 20:33 Uhr: Ein holpriger Start: mein 2024 begann direkt mit einer anständigen Infektion mit „reichlich“ A-Streptokken, Hals- und Ohrenentzündung und Herzrasen inklusive. Noch weigere ich mich, dies als negatives Zeichen für die nächsten zwölf Monate zu sehen. Immerhin, es kann nur besser werden. Während ich in der ersten Neujahrswoche mehr oder weniger handlungsunfähig war, beschloss mein Abi-Jahrgang, die misslungene Planung des 10-jährigen Jubiläums neu aufzusetzen und gründete zu diesem Zweck eine Whatsapp-Gruppe. Meine Entscheidung fiel relativ schnell, dort nicht einzutreten. Unseren Abispruch: „Abi 2009 – planlos aber sexy“ kann ich bis heute einfach nicht ernst nehmen. Wie gut hätte der Spruch „TrAbi – 13 Jahre warten“ zu uns, vorwiegend Kinder der Deutschen Wiedervereinigung, gepasst?! Nein, die Abispruch-Gruppe hatte sich, sofern ich mich richtig erinnere, über das Ergebnis der Umfrage weggesetzt. Aber auch sonst habe ich damals keine engere Verbindung zu den meisten meiner 152 Mitschüler gefühlt, noch spüre ich sie heute. Ich war eben ein Teenage Dirtbag, Baby! 😉 Drei Einladungen in die Gruppe lehnte ich also freundlich ab, eine vierte Person hatte mich gleich direkt hinzugefügt, also war ich kommentarlos wieder ausgetreten. Offenbar eine gute Entscheidung, denn nur einen Tag später erhielt ich die Rückmeldung, dass es dort wie im „Kindergarten“ zuginge. Tja… Viel eher freue ich mich allerdings auf das nächste Treffen meines alten Schulchores. Es war eben doch nicht alles schlecht. 😉

Dann stand natürlich die Beerdigung meines Vaters an. Und das war, sofern man das so formulieren kann, eine wunderschöne Veranstaltung. Der Trauerredner hatte absolut treffende und einfach tolle Worte für meinen Vater gefunden, die Musikkomposition passte und es war ein berührender und wertschätzender Abschied, wie ich ihn lange nicht auf einer Beerdigung erlebt hatte. Schließlich feierten wir noch die „Celebration of Life“. Tatsächlich stand ich dem Ganzen etwas skeptisch gegenüber. Kann man bei einem so traurigen Anlass eine „Feier“ veranstalten? Doch ich ließ mich eines besseren belehren. Viele Trauergäste waren geblieben und lauschten den Beiträgen von Familienmitgliedern und Freunden zu Ehren meines Vaters. Mein Onkel zeichnete die wichtigsten Stationen seines Lebens nach und mein Bruder steuerte ein Video bei. Auch der Mann hielt eine äußerst bewegende Rede, während er kurzzeitig um Fassung rang (Der Mann kann Gefühle haben?!). Meinen eigenen Beitrag schrieb ich am Vorabend – eine Zusammenstellung aus Gefühlen und Gedanken zu den letzten Tagen und dem Fortgang meines Vaters. Entsprechend zittrig und emotional war mein Vortrag. Schließlich saßen wir noch lange zusammen. Alle Teilnehmenden, teilweise entfremdet oder gar gänzlich unbekannt, waren an diesem Tag miteinander verbunden und einen Tag lang herrschte zumindest in diesem kleinen Veranstaltungsraum des griechischen Stamm-Restaurants Frieden auf Erden.

Was allerdings bleibt, ist die endgültige Gewissheit, meinen Vater vielleicht nie wieder sehen zu können – und damit die Trauer, die mich in stillen Momenten noch immer – und seit der Beerdigung intensiver denn je einholt – trotz aller schönen Erlebnisse, die ich seit dem Tod auch schon wieder erfahren durfte. Ich vermisse meinen Vater noch immer sehr. Ich mache mir auch vermehrt Gedanken über das eigene Leben und über den Tod. Ich habe keine Angst vor dem Sterben, aber das „Nichts“ im Anschluss fühlt sich so verdammt lang an.

Auch Hollywood klopfte wieder an. Weil meine Firma als Finalistin bei den „Startup Days“ auf der Grünen Woche nominiert wurde, beschloss das RBB-Fernsehen, einen Beitrag über die zwei regionalen Teilnehmer der Veranstaltung zu drehen – und so erlebten wir ein Dejà Vu mit Produzentin, einem ergrauten Kamera- und einem gelangweilten Tonmann sowie Regieanweisungen und gestellten Arbeitssituationen. Immerhin musste ich kein Interview führen und hielt diesmal nur für die guten Bilder her. 😉 Ich hoffe allerdings, dass mein knittriges Kleid nicht allzu sehr ins Bild kommt. Dieses hatte ich am Morgen noch rasch aus dem Trockner gefischt. Eigentlich wollte ich es bügeln, jedoch machten mir die Bauernproteste einen Strich durch die Rechnung. Die naheliegende Bundesstraße wurde komplett blockiert, sodass sich der Verkehr entlang unseres kleinen Ortsteils staute und der Schulbus nicht vorankam. Kurzerhand fuhr ich Junior und Klassenkameradin selbst zur Schule. Mit einer halbstündigen Verspätung erreichten wir unser Ziel und ich fuhr mit Knitterkleid weiter. Mal sehen, was beim Fernsehbeitrag herauskommt.

Zwölf Tage sind also geschafft und die Gefühlsachterbahn hat Fahrt aufgenommen. Wer will nochmal, wer hat noch nicht?

Final Countdown

28.12.2023 – 12:32 Uhr: Der geneigte Leser merkt – ich habe es mit dem Recycling alter Musiktitel. Europe’s „Final Countdown“ passt natürlich auch diesmal wieder so kurz vor Silvester. Jahr für Jahr für Jahr. Der letzte Countdown vor 2024 – wenn wieder alles vom Neuen beginnt. Mit Veränderungen, ja – aber es geht weiter.

Die Weihnachtsfeiertage waren diesmal vergleichsweise entspannt. Heiligabend verbrachten wir bei meiner Mutter, traditionell bei Kartoffelbrei und Würstchen. Einen Tag später ging es zur Familie des Mannes zum Entenessen. Am zweiten Weihnachtsfeiertag traf sich mein alter Schulchor zum gemeinschaftlichen Weihnachtsliedersingen in der Köpenicker St. Laurentiuskirche. Das Singen hat mir gefehlt. Vor zehn Jahren bin ich aus der Jugendabteilung des Berliner Konzertchores aufgetreten. Danach habe ich mich zwar immer mal wieder nach etwas Vergleichbarem umgesehen, aber mit Studium, Kleinkind und Vollzeitarbeit waren größere private Aktivitäten kaum machbar. Seitdem ich meinen aktuellen Job innehabe, begleitet mich die Idee, wieder in einen Chor einzutreten aber wieder vermehrt – nicht zuletzt aufgrund meiner singbegeisterten Kolleginnen und Kollegen. Allerdings habe ich einige Ansprüche – denn gut muss es schon klingen. 😉 Unsere Gemeinde hat eigentlich einen Chor, der interessant zu sein scheint. Allerdings wäre der Altersunterschied zwischen mir und der restlichen Gruppe schon spürbar. Nicht, dass mich das stören würde. Am Ende fehlt mir vermutlich doch einfach der letzte Anstoß. Was ich beim Weihnachtsliedersingen jedoch gespürt habe, war, dass mir beim Halten längerer Töne zum Teil echt die Luft wegbleibt. Bin ich so sehr aus der Übung? Tatsächlich glaube ich, dass es mit meiner Coronaerkrankung im Frühjahr zusammenhängt – oder die aktuellen Umstände – gegenwärtig bin ich wieder einmal erkältet (zum fünften Mal seit September).

Nach Weihnachten schließlich habe ich die Asche meines Vaters besucht – seine Beerdigung selbst steht ja erst in zwei Wochen an. Es war nochmal ein ziemlich emotionaler Moment. Das Beerdigungsinstitut hatte die Urne extra für mich in den hauseigenen Trauersaal gebracht, während ich meinen Gefühlen freien Lauf ließ. Ich erfuhr, dass er bereits vor einigen Wochen eingeäschert wurde – er hätte theoretisch also schon längst beigesetzt werden können. Dennoch glaube ich, dass unsere Entscheidung, noch damit zu warten, gut war. Abgesehen von den Terminkonflikten einzelner Familienmitglieder, wenn wir uns für einen früheren Zeitpunkt entschieden hätten, spüre ich, dass auch ich die Zeit einfach gebraucht habe. Nach der Beerdigung werden wir eine Tradition aus Übersee übernehmen, eine „Celebration of Life“ – ein Fest, auf dem die Hinterbliebenen zusammenkommen, um Erinnerungen zu teilen oder sonstige Aktivitäten durchführen, die in positiver Weise an den Verstorbenen erinnern. Mein Onkel hatte die Idee. Er und mein Bruder sind schon fleißig am Werkeln. Selbst der Mann hat schon eine bewegende Rede über meinen Vater geschrieben. Ich habe auch das Bedürfnis, ihn in irgendeiner Weise zu würdigen. Verdient hätte er es. Allerdings fühlt sich mein Kopf diesbezüglich seltsam leer an.

Was sonst noch offen war, war der Stempel ins zahnärztliche Bonusheft, den ich mir heute – drei Tage vor Silvester – abgeholt habe. Nach den letzten tagelangen Autofahrten steht für die verbleibenden dreieinhalb Tage des Jahres schließlich vor allem eins auf meiner Agenda: Entspannung pur!

Einen guten Start ins neue Jahr wünsche ich!

Jahresabschluss

21.12.2023 – 19:45 Uhr: Endspurt! Mein Aufgabenstapel – sowohl privat als auch beruflich – schrumpft äußerst langsam. Im Büro bleiben mir nur noch etwas mehr als 6 Teilzeitstunden, um dortige Anliegen zu erledigen. Etwas mehr Zeit steht mir bis Heiligabend zur Verfügung. Same procedure as every year. Zum Jahresende schleicht sich bei mir immer eine gewisse Unruhe ein, als ob zum Jahreswechsel um Punkt Mitternacht ein Zusammenbruch des Bisherigen zu erwarten sei. Folglich, oder besser gesagt, völlig irrational die Schlussfolgerung, alles bis zum Ende des Jahres noch rasch erledigen zu wollen.

Vorsätze für das neue Jahr? Um es klar auszudrücken: Meine neueste Suchanfrage lautet: „Wie werde ich möglichst schnell und ohne viel Bewegung mein Bauchfett los?“ Ja, meine körperliche Verfassung hat in letzter Zeit ziemlich gelitten. Jede Kalorie zu viel bestraft mein Körper sofort. Dabei war es in meinen Zwanzigern noch so einfach, das Gewicht zu halten. Aber wie das Leben so spielt: Tell me, you are in your Thirties without saying you are in your Thirties. Meine Lösung für das Problem: der Hula-Hoop-Reifen, den ich zur Corona-Zeit erworben habe, inspiriert durch Fitness-Influencer auf Instagram. Und mehr Tofu statt Gans. Das muss vorerst reichen. Vielleicht fange ich noch dieses Jahr damit an.

Ansonsten bin ich zwar noch nicht wirklich in Weihnachtsstimmung, dennoch habe ich in den vergangenen Tagen emsig Plätzchen gebacken und erfolgreich (und ohne Absturz) die Firmenweihnachtsfeier absolviert. Dabei habe ich festgestellt, dass ich nicht nur singbegeisterte Kolleginnen und Kollegen habe, sondern auch echte stimmliche Talente unter ihnen schlummern. Wir haben sogar einen kleinen Chor aufgestellt, der beim dritten Anlauf unserer Aufführung sogar echt hörbar klang. Dass Musik eine Universalsprache ist, merkte ich schließlich, als das Team – bestehend aus Menschen unterschiedlichster Nationen – gemeinschaftlich zum Disney-Klassiker „Hakuna Matata“ mitging. Musikalisch geht es auch am zweiten Weihnachtsfeiertag weiter, denn da trifft sich mein ehemaliger Schulchor zum gemeinschaftlichen Singen. Musik ist definitiv meine Medizin.

Heute habe ich mit dem Bestattungsinstitut telefoniert, um den Besuchstermin bei der Asche meines Vaters final zu bestätigen. Die Mitarbeitenden haben die – sicherlich gute – Angewohnheit, immer sehr einfühlsame Fioskeln in das Gespräch einzubinden. Jedes Mal macht mich das völlig fertig. Andererseits merke ich auch, dass die Traurigkeit über den Verlust meines Vaters derzeit ziemlich präsent ist. Ich habe wohl eine neue Stufe der Trauer erreicht.

Vielleicht gibt es in ein paar Tagen noch einen letzten Logbucheintrag von mir. Bis dahin wünsche ich frohe Feiertage!

Nächstes Kapitel

16.12.2023 – 11:59 Uhr: Noch eine Woche bis Heiligabend – in unserer Wohnung sieht noch gar nichts weihnachtlich aus. Ich tu mich seit Jahren schwer damit. Das Jahr neigt sich dem Ende zu und ich fühle einen Druck, Erwartungen zu erfüllen, Geschenke zu besorgen und Postkarten zu schreiben. Am liebsten würde ich über die Feiertage eingekuschelt und die Füße hochgelegt vor dem Fernseher verbringen. Natürlich geht das allein schon wegen Junior nicht. Er soll natürlich seine Freude an Weihnachten haben, viele Geschenke bekommen und Weihnachtsmärkte besuchen können. Und mir geht es auch gar nicht um die Adventszeit an sich. Ich singe gern Weihnachtslieder und mag auch Weihnachtsfeiern. Gern habe ich auch auf Juniors groß angesetzte Weihnachtsfeier im Hort ausgeholfen. Doch zum Jahresende kehrt eben auch die Gewissheit zurück, dass die Zeit wieder einmal viel zu schnell vergangen ist – und dieses Mal ist eben auch etwas anders, denn ein Teil der Familie fehlt.

Die Beerdigung meines Vaters steht erst im neuen Jahr an. Zum einen terminbedingt, zum anderen muss man in Berlin wochenlang auf die sogenannte Bestattungsgenehmigung warten, bis die Beerdigung oder eben die Einäscherung überhaupt erst erfolgen kann. Ich werde zwischen den Feiertagen meinen Vater besuchen – oder zumindest das, was nach der Einäscherung von ihm übrig geblieben sein wird. Der Gedanke daran ist komisch, aber ich habe das Gefühl, mich noch einmal bei ihm verabschieden zu müssen, bevor er endgültig in die Erde gelassen wird. Die Trauerfeier selbst ist so gut wie durchgeplant – vieles durch mich. Ich habe das Manuskript für den Trauerredner vorbereitet und die musikalische Untermalung organisiert. Es war interessant, seine Biografie nochmals durchzugehen. Dankenswerterweise hat meine Tante schon einmal sehr viel zur Familiengeschichte recherchiert, sodass ich einiges dafür verwenden konnte. Nach der Beerdigung wird das Kapitel dann vermutlich wirklich langsam geschlossen werden. Doch auch jetzt ist der Alltag natürlich längst wieder eingekehrt.

Immerhin birgt auch das kommende Jahr viele neue Perspektiven: nach unserer großartigen Reise in die Vereinigten Staaten im letzten Sommer, haben wir uns auch für 2024 ein neues, spannendes Ziel gesteckt. Auf dem Plan steht diesmal Schweden. Angeregt von den zahlreichen Lindgren’schen Kinderbüchern wollen wir uns unter anderem auf die Spuren von Pippi Langstrumpf und Co. begeben. Vor vielen Jahren war ich selbst dort und erinnere mich an die wunderschöne Natur zurück. Und ich habe in diesem Jahr einen großen Gefallen an die Planung von Rundreisen gefunden, die eigenen Träume erfüllen – wenn das kein angenehmes Hobby ist. 🙂 Man weiß eben nie, wie viel Zeit einem noch bleibt.

Herbstwind

24.11.2023 – 18:56 Uhr: Es geht weiter. Der Tod meines Vaters liegt mehr als einen Monat zurück und der Gedanke daran, dass er nicht mehr ist, ist inzwischen Alltag für uns, auch wenn die Melancholie zuweilen zurück kehrt. Es war nicht so ein Knall, wie damals, Anfang 2020 zur Krebsdiagnose – Krankenhaus – Operation – zwei Wochen künstliches Koma – sein Leben am seidenen Faden und für uns die absolute Ungewissheit, ob er das schafft. Zur gleichen Zeit fand Corona Einzug in unser aller Leben und jede Fernsehberichterstattung über piepsende, lebenserhaltende Maschinen auf Intensivstationen versetzte mich noch wochenlang danach wieder und wieder zurück an das Krankenbett meines Vaters. Doch dieser kämpfte sich zurück und verlebte – soweit es sein Gesundheitszustand eben zuließ – noch zwei durchaus erfüllende Jahre, bis die Therapie nicht mehr anschlug. „Schaffe ich den nächsten Sommer noch?“, soll mein Vater seinen behandelnden Arzt im Dezember 2022 einmal gefragt haben. Seitdem ging es erst schleichend, dann immer rascher bergab, bis zur Zäsur am 21. Oktober 2023, als die Zeit um 11:43 Uhr für uns Übriggebliebene einen Tag lang stehen blieb.

Drumherum ging das Familienleben weiter: Juniors Einschulung, mein 34. Geburtstag und kurz darauf der 40. Geburtstag meines Bruders – all das hatte er noch miterlebt. Ich digitalisierte um die hundert Familienfotos, die ich ihm auf ein Tablet spielte. Einmal sah er sie sich noch an. Dann das Drachenfest unserer Gemeinde, Junior ließ seinen selbstbemalten Drachen in die Lüfte steigen. Auch diese Bilder zeigte ich meinem Vater noch. Ein paar Tage später war er schon gar nicht mehr ansprechbar. Zur gleichen Zeit hatte ich mich auf der Arbeit für einen Schülerpraktikanten verpflichtet, der Zeitpunkt konnte für mich nicht ungünstiger sein, doch irgendwie hatten wir ihn gut über die Woche gebracht. dann schließlich: Stillstand. Sogar mein in den Vereinigten Staaten lebender Onkel, bei dem wir den Sommer noch so unbeschwert verbracht hatten, war gemeinsam mit meiner Tante die letzten Tage an unserer Seite.

Drachenfest der Gemeinde

Nur zwei Tage nach dem Tod organisierten wir die Beerdigung. Meine Mutter, mein Bruder und ich waren erstaunlich gefasst und sachlich, planten, was zu planen war. Ich war überrascht, ob meiner Gefühllosigkeit in den ersten Wochen nach dem Tod. Einer der wichtigsten Menschen war von mir gegangen und ich spürte, abgesehen von wenigen durchaus heftigen Momenten, kaum Trauer. Zwischendurch war ich mit meiner kleinen Familie sogar für eine ganze Woche nach Büsum gefahren und ich fühlte, wie die körperliche Erschöpfung der letzten Wochen von mir wich. An meinen Vater habe ich dort allerdings kaum gedacht. Als wir wieder nach Hause kamen, lag eine Beileidskarte in unserem Briefkasten. Diese und ein von mir aufgestelltes Foto im Wohnzimmer ließen mich schließlich doch auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. Seitdem kehrt der Alltag langsam zurück und ich kann wieder lachen und albern sein. Aber ich denke mehr über das Leben nach. Eigentlich ist es zu kurz für alles Negative. Zu kurz für Trauer, Hass, Wut und schlechte Gefühle.