Alltags-Turbulenzen

28.04.2024 – 13:59 Uhr: Der Mai steht in den Startlöchern und endlich lässt sich die Sonne wieder blicken, nachdem der April wettertechnisch eher durchwachsen verlief und damit seinem Namen alle Ehre gemacht hatte. Die letzte Arbeitswoche hatte es in sich – dringende Fristen und wichtige Termine waren zu erledigen, Telefon und E-Mail-Postfach liefen heiß. Vorerst ist diese KO-Phase erfolgreich durchgestanden. Doch ich merke, dass die letzten Tage und Wochen geschlaucht haben – in vielerlei Hinsicht. Und weil der Mann sich noch immer auf dem Weg zu einer neuen beruflichen Herausforderung befindet, ist der geplante Schweden-Urlaub im Sommer plötzlich in weite Ferne gerückt, da einer seiner potentiellen Arbeitgeber ihn ausgerechnet erst im Juli einstellen würde – der Monat, für den unsere Reise geplant war. Unnötig zu erwähnen, dass das für unsere ursprünglichen Pläne eher suboptimal ist. Und so bleibt mir nichts anderes als abzuwarten und Plan B zu entwickeln, der dann eher in Richtung Pauschalreise mit Junior gehen würde. Aber vielleicht wird es ja doch noch etwas mit Schweden. Für einen seiner möglichen Jobs jedenfalls muss der Mann noch ein Persönlichkeitstest durchführen, für den ich ihm dringend geraten habe, es mit der Wahrheit vielleicht nicht ganz so genau zu nehmen. Als ich mich selbst einmal auf einem beruflichen Umschwung befand, sagte mir ein solcher Test absolut fehlende Kompetenzen im Bereich Teamfähigkeit nach. Der Personaler hielt mir die Ergebnisse vor die Nase und putzte mich ob meiner fehlenden sozialen Eigenschaften ordentlich herunter. Nach diesen Erlebnissen habe ich mich entschlossen, meine dunkle Seite lieber für mich zu behalten – „Oh, she’s sweet but a psycho“. 🙂

Aber weil die Gefühlskapazitäten noch nicht vollumfänglich ausgeschöpft wurden, erreichte uns Eltern die Nachricht des Schuldirektors, ein fremder Mann hätte sich in den Schultoiletten aufgehalten und das Gebäude anschließend unerkannt verlassen – die Polizei sei informiert. Dies und mehrere im April stattgefundene „Fast-Übergriffe“ auf Schulkinder aus den naheliegenden Randbezirken Berlins, ließ mich schaudern – insbesondere weil Junior kurz zuvor auch noch sein Schülerticket im Bus verloren hatte, was mich angesichts der Vorfälle fast schon paranoid werden ließ. Also wurde das Kind nochmals vollumfänglich gebrieft. Als Mutti ist man ja grundsätzlich ständig im Alarm-Modus, aber gerade derartige Situationen lassen mich nochmal besonders empfindlich werden. Natürlich war die Nachricht des Schuldirektors Thema der Eltern-WhatsApp-Gruppe, zu deren Eröffnung ich mich vor ein paar Monaten überreden ließ. Für mehr Gesprächsstoff sorgte darin nur noch, die freiwillig (!) zu besorgende Rückenpolsterung, die die Kinder sanft zum Geradesitzen animieren würde. Zitat: „So etwas haben wir früher auch nicht gebraucht“. Manchmal liebe ich mein Ehrenamt – nicht!

Doch zumindest bei meiner Mutter wiederum geht es organisatorisch voran. Ich habe ihrem Termin beim Steuerberater beigewohnt und anschließend ging es zum Nachlassgericht zur Testamentseröffnung meines Vaters (Nein, mein Wohnort wird nicht kurzfristig nach Dubai verlegt). Reine Formalitäten, doch immerhin sind wir ein Schritt näher, sein Bankkonto aufzulösen. Er würde sich sicher freuen, dass unsere kleine Familie so gut zusammenhält. Doch ohne ihn ist es einfach nicht wie vorher. In stillen Momenten vermisse ich ihn noch immer sehr.

Ränzchen Klein

10.04.2024 – 18:06 Uhr: Wir sind wieder im Lande. Die Zeit im Thüringer Wald kamen uns länger vor als sie eigentlich dauerten. Drei Tage Action ließen unseren Urlaub eben sehr kurzweilig erscheinen. Das ehemalige DDR-Ferienheim, nach der Wende als Hotel wiedereröffnet, ließ keine Wünsche offen – auch wenn der durch das geöffnete Fenster herbeigeführte Durchzug die Deckenplatten des Badezimmers zuweilen rumpeln ließen. 😉 Die meiste Zeit jedoch haben wir aber natürlich draußen verbracht. Erneut stand der Besuch eines ehemaligen Bergwerks auf dem Programm. Diesmal die Marienglashöhle in Friedrichroda, aus der einst Gips gewonnen wurde. Dort befindet sich auch eine Grotte mit kristallisiertem Gips, auch Marienglas genannt, und der Höhle so zu ihrem Namen verhalf. Und weil Eisenach nicht weit weg von Friedrichroda entfernt liegt, haben wir natürlich auch einen Abstecher auf die Wartburg gemacht – nicht ganz ohne Schenkelklopfer, als uns kurz vor Ankunft das gleichnamige Gefährt entgegenkam („WARTBURG! HINTERHER!“). Die Burg selbst ist natürlich einen Besuch wert, aber gut zu Fuß sollte man schon sein. An so viel Bewegung kaum noch gewöhnt, waren der Mann und ich zugegebenermaßen ziemlich außer Puste, als wir das Eingangstor erreichten und anschließend noch einen der Türme bestiegen. Junior schien das alles weniger auszumachen – und so ging es anschließend ins Spaßbad in Oberhof, für das wir im Rahmen unserer gebuchten Pauschale freien Eintritt bekommen hatten – irgendwie müssen die Kinderchen doch müde werden. 😉 Der nahegelegenen Skisprungschanze haben wir, geprägt durch die aufsehenerregenden Erfolge durch Sven Hannawald und Martin Schmitt Anfang der 2000er Jahre, selbstverständlich auch noch einen Besuch abgestattet. Es gab sogar eine kleine Foto-Plattform, auf der man großartige Schnappschüsse wie dieses schießen konnte:

In Hannawalds Fußstapfen

Am Tag unserer Abreise ging es nochmal Richtung Eisenach zur sogenannten „Drachenschlucht“, welche ebenso für ausgezeichnete Instagram-Fotos taugt. Und weil Weimar sowieso auf der Route nach Hause liegt, machten wir schließlich noch in dieser geschichtsträchtigen Stadt Halt, besuchten Goethes Gartenhaus im wunderschönen Park an der Ilm und aßen in der Altstadt zu Mittag. Ich merke schon: Thüringen ist längst noch nicht auserzählt und steht auch für die nächsten Kurzreisenziele wieder weit oben auf der Liste. Am Sonntag schließlich besuchten wir die Blue Man Group in Berlin, eigentlich schon damals für New York angedacht, aber aus Zeitgründen nicht umgesetzt. Ich hatte die Show schon zwei oder drei Male zuvor besucht und keineswegs haben die drei blauen Männer ihren Reiz verloren. Auch Junior hatte sichtlich Freude, sodass der Tag einen wunderbaren Abschluss von Juniors Osterferien bildete.

Am Montag ging schließlich der alltägliche Wahnsinn aufs Neue los: vergessen Juniors Mittagessen vorzubestellen, die Feststellung, dass in seinem Hausaufgabenheft noch eine unerledigte Aufgabe schlummerte und das zwei Wochen alte Schulbrot zum Leben erweckt. Den Vogel schoss Junior allerdings heute Morgen selbst ab, als er mich aufgewühlt mit seiner Kids-Smartwatch anrief und mir mitteilte, dass er seinen Schulranzen im Bus vergessen hatte. Natürlich haben der Mann und ich sämtliche Hebel in Bewegung gesetzt, um den Ranzen wieder zu bekommen und siehe da: nachdem er einem Abstecher nach Berlin und Teltow unternahm, konnten wir den Ranzen schließlich ausfindig machen und ihn Junior noch in der ersten Pause wohlbehalten vorbei bringen. Zwischendurch hatten wir im Schulsekretariat angerufen, um Junior ausrichten zu lassen, dass er sich keine Sorgen machen muss. Denn dieser war nach seiner Beichte nicht mehr zu erreichen. Ich hatte mich so sehr in Junior hineinversetzt, dass mir sogar selbst schon die Tränen gekommen sind. Manchmal ist er eben doch noch unser sechsjähriger Knirps. Nachdem vom Sekretariat die Rückmeldung kam, dass mit Junior alles gut ist, ging es auch mir besser – und die Sache mit dem Ranzen hatte sich ja sowieso rasch aufgelöst. Ende gut, alles gut – aber ein Running Gag wird es natürlich trotzdem bleiben. Wer den Schaden hat, braucht eben für den Spott nicht zu sorgen. 😉

Auf und Ab

02.04.2024 – 20:18 Uhr: Ein Jahr ein Blog – so lange ist es tatsächlich schon wieder her, seitdem ich das Projekt „Logbuch“ gestartet habe. Ich war mir zum Zeitpunkt des ersten Eintrags noch nicht einmal sicher, ob es länger als die Reiseberichterstattung im vergangenen Sommer halten würde, noch ob ich die Lust verspüre, den Blog überhaupt bis dahin zu führen. Nun sind 366 Tage (Schaltjahr) vergangen und dieses virtuelle Journal ist ein kleiner Begleiter geworden. Er zeigt mir, dass in so einem Jahr eben doch sehr viel passiert. Schöne Momente, traurige Stunden. Vor allem aber lässt er mich in so manch trüben Momenten in so herrlichen Erinnerungen schwelgen. Ich zehre noch immer von unserer wilden Fahrt in die große weite Welt in Amerika. Nicht nur, weil alles so dermaßen gut geplant war, sondern weil ich eben viele Augenblicke in diesem Tagebuch verewigt habe, an die ich immer noch so gerne zurück denke. In diesen drei Wochen im August 2023 war die Welt für uns schlichtweg in Ordnung – die Welt ist auch jetzt wieder in Ordnung. Unsere Schweden-Pläne lassen uns schon voller Vorfreude in den kommenden Sommer blicken. Doch auch der nicht ganz überraschende Tod meines Vaters im letzten Herbst war geschehen. Und so wurde dieser Blog gewissermaßen auch zu meinem Therapeuten. Denn ich habe in den vergangenen Wochen viel nachgedacht und reflektiert. Über mich und über das Leben. Ich bin kein anderer Mensch geworden, aber ich sehe die Welt ein Stück weit mit anderen Augen, als noch vor einem Jahr. Und das Schreiben hat mich während dieser Entwicklung begleitet.

Vor genau einem Jahr verbrachte ich die Osterferien mit Mann und Kind in Stralsund. Diesmal wollen wir uns für ein paar Tage wieder mehr in die Mitte Deutschlands begeben – nach Thüringen. Auf einem Kurzreisen-Portal haben wir ein gutes Angebot für ein Hotelarrangement gefunden und werden es uns die kommenden drei Tage gut gehen lassen. Im gleichen Hotel haben der Mann und ich schon mal vor 11 Jahren einen „Romantik“-Aufenthalt verbracht. Wusste er natürlich nicht mehr – obwohl wir damals im tiefsten Winter noch auf halber Strecke des Hügels – das Hotel liegt etwas erhöht – stecken geblieben waren. Es war so glatt, dass wir die Anhöhe nicht hochkamen und schließlich am Fuße des Berges parken mussten, denn der Winterdienst hatte sich erst wieder für den nächsten Tag angekündigt. Diesmal verspricht das Wetter allerdings frühlingshaft und gut zu werden. Ob ich in den nächsten Tagen zu meiner Entspannung komme, wird sich zeigen. Denn wie es bei einem Startup so ist, geht es auch auf der Arbeit gegenwärtig noch drunter und drüber. Den Rechner werde ich also mitnehmen – sicher ist sicher.

Doch neben der allgemeinen Kurzurlaubsvorbereitung gab es heute noch viel zu erledigen. Die Arbeit klopfte nochmal ganz vorsichtig an, Junior musste zum Kindergeburtstag gebracht und das alte Auto meiner Mutter aus der Werkstatt abgeholt und in die Wäsche gefahren werden. Und als wäre ich noch nie Schaltwagen gefahren, wurde ich vom Mitarbeiter der Anlage dezent darauf hingewiesen, doch bitte die Handbremse zu lösen. Faux-Pas Nummer 1. Nach der Wäsche das Auto noch rasch aufbereitet und wunderliche Geräusche aus dem Fahrzeug herausgeholt („Krrrrrrrrrrrch“) – stimmt, da war noch was mit der Kupplung. Wenn man sich erst an Automatik gewöhnt hat, vergisst man dieses kleine Detail dann doch schon mal. 😉

Inzwischen ist Junior als verwandelter Tiger vom Geburtstag heimgekehrt. Nun müssen nur noch die sieben Sachen zusammengesucht werden, um morgen gen Thüringen aufzubrechen. Vielleicht ist ja doch so etwas wie Erholung drinnen. 😉 In diesem Sinne: auf die nächsten 365 Tage, es darf gerne noch ein kleines bisschen besser werden!