Mutti des Jahres

31.08.2023 – 22:01 Uhr: Junior ist ein Schulkind! So ganz habe ich die Tatsache noch immer nicht verinnerlicht, aber es ist wahr. Vergangenen Samstag fand die Einschulungsfeier statt. Organisationsbedingt wurde die Feier in zwei Teile aufgeteilt und der Einlass zusätzlich beschränkt. Schon vor Beginn der Veranstaltung musste ich Junior seiner zukünftigen Klassenlehrerin übergeben, bevor es mit der restlichen Verwandtschaft in die Turnhalle ging. Es folgten einige Darbietungen älterer Schülerinnen und Schüler – selbstverständlich schwer hörbar, aber so ist das bei derartigen Vorstellungen nun mal 😉 – sowie eine „politisch korrekte“ Version des Lieds „Alle Kinder lernen lesen“. Und dann war es soweit: Junior wurde aufgerufen und reihte sich in seine Klasse ein, die nun brav ihrer Lehrerin hinterhermarschierte, während ich Tränen vergießend zurückblieb. Ich hätte nicht gedacht, dass mich das Ganze so sehr berührt, aber scheinbar hatte ich in diesem Moment von meinem kleinen Baby-Junior nun endgültig Abschied nehmen müssen.

Trotz ausdrücklicher Bitte des Schulleiters, die Besichtigung des Klassenraums auf eine erwachsene verwandte Person zu beschränken, stürmten anschließend selbstverständlich Teile der ganzen Familie in Juniors Räumlichkeiten – und dann frag nochmal einer, warum ich ab und zu gestresst wirke. Es wurde nicht unbedingt besser, als Juniors Tante negative Vibes zwischen dem Mann und mir verspürte und ich mit einer zugegebenermaßen etwas deftigen Ansage reagierte. Ja, manchmal ist man eben gestresst – gerade dann, wenn sich die eigenen lange vorbereiteten Pläne eben nicht immer mit den Spontaneinfällen anderer decken und erst recht, wenn andere meinen, es besser zu wissen. Aber wie das so ist, Pack schlägt und verträgt sich wieder – und ich war zumindest mit dem Mann am Abend wieder fein 😉 Auch Junior genoss seine Einschulungsfeier. Der ganze Stress der Vortage mündete am Sonntag bei mir in einer ziemlich heftigen Erkältung, die mich kaum Juniors Schulsachen vorbereiten ließ. Die meiste Zeit verbrachte ich jedoch im Bett.

Der erste Schultag war nochmal einigermaßen chaotisch. Es begann schon damit, dass ich frühmorgens noch Juniors Mittagessen bestellen wollte, dies aber nur bis zum vorigen Werktag möglich ist – bis 07:30 Uhr. Ich versprach, die Sache zu klären und brachte Junior noch guter Dinge zu seiner Klasse. Seine Schule ist vier Kilometer von unserem Ortsteil entfernt und an der Hauptstraße der Gemeinde gelegen. Vor dem Gebäude herrschte ein mittelschweres Verkehrschaos, welches auch in den nächsten Tagen nicht abebbte. Vom Schulleiter persönlich holte ich mir zudem eine gepfefferte Ansage wegen der Überquerung der Straße ein, ohne die nächstgelegene Ampel genutzt zu haben (er hat natürlich recht). Für das Mittagessen fühlte sich vor Ort niemand zuständig – das ist Sache des Caterers – also nach Hause gerast – immer noch noch kränkelnd – um Junior wenigstens noch ein paar ordentliche Stullen zu schmieren. Später erzählte er mir, dass er nicht das einzige Kind war, das am ersten Schultag am „Stullentisch“ platz nahm, sodass ich mich wenigstens nicht mehr ganz so schlecht fühlte.

Die nächsten Tagen liefen flüssiger, Junior bekommt nun auch warmes Mittagessen, hat die ersten Tage gut überstanden und offensichtlich Spaß in der Schule und Hort. 360 Kinder umfasst allein der Hort mit seinem offenen Konzept. Beim Abholen war ich von dem Kindergewusel einigermaßen überrascht. Doch scheinbar klappt es gut. Stolz zeigte mir Junior die Einrichtung und seinen Spind. Ab Montag wird er auch selbstständig mit dem Schulbus in die Schule fahren. Eine ältere Schülerin aus unserem Ortsteil wird ihn begleiten. Ein riesiger Schritt für uns alle, aber ich habe Vertrauen, dass Junior sich da schnell zurecht findet. Aber wenn ich bedenke, wann ich das erste Mal allein mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren bin – da war ich fast doppelt so alt wie Junior! Meine Grundschule war damals auch einfach 50 Meter von mir entfernt und fast alle in meiner Klasse wohnten im gleichen Plattenbau – Berlin eben. 😉 Heute hat Junior sich ohne größeres Einwirken von mir schon komplett allein fertig gemacht. Und ich traue mich schon gar nicht mehr zu blinzeln.

Alltagswahnsinn

21.08.2023 – 20:06 Uhr Berliner Zeit – Wir sind wieder hier – und immer noch absolut fix und fertig vom Jetlag. Der tritt gen Osten wohl stärker in Erscheinung und das spüren wir auch. Obwohl Junior von uns dreien noch am meisten zu seinem Schlaf kommt, fallen dem Ärmsten tagsüber unwillkürlich immer wieder die Augen zu. Ich selbst habe in den vergangenen beiden Nächten, die wir nun wieder in Deutschland weilen, eigentlich viel zu wenig geschlafen, aber von irgendwoher sammelt mein Körper die notwendige Energie, um die Tage einigermaßen gut zu überstehen, sodass ich, abgesehen von dem ein oder anderen Mittagstief (aber wer hat das nicht) erstaunlich gut über die Runden komme und „funktioniere“. Trotzdem fühlt es sich so an, als wäre ich high und würde alles um mich herum hinter einer unsichtbaren Wand wahrnehmen, definitiv eine Auswirkung des Schlafmangels. Trotzdem werde ich morgen wieder, nachdem ich mir heute im Home Office zumindest eine kleine Schonphase gegönnt habe, morgen wieder ins Büro fahren. Langweilig werden die nächsten Wochen nicht, so wurde mir – nach übrigens äußerst rührend warmen Worten des Kollegiums (Awww!) – mitgeteilt, aber so ist das nun mal in einem Startup.

Langweilig wird es auch privat nicht, denn Junior wird am Samstag eingeschult und es gibt noch jede Menge zu vorzubereiten. Immerhin haben der Mann und ich in weiser Voraussicht schon vor Monaten einen Tisch im Restaurant reserviert, sodass ich heute nur noch die Eckdaten klären musste. Auch die Schultüte habe ich schon vor Wochen gekauft, aber die bedarf eben noch einer Füllung, was ich in den kommenden Tagen in Angriff nehmen werde. Tja und dann erfolgt die Neugewöhnung an den Schulalltag. Während es in der Kita immer mal wieder Lottertage gab, an denen wir Junior haben ausschlafen und zu Hause frühstücken lassen, heißt es ab Montag jeden Tag pünktlich auf der Matte zu stehen. Ich glaube, das wird noch eine härtere Umgewöhnung für mich als für Junior, denn der Schulbus fährt zeitig, sodass ich ab sofort mindestens eine halbe Stunde früher aufstehen muss, um das Kind für den Tag vorzubereiten. Ich sage absichtlich „ich“, denn diese Aufgabe ist bereits klar verteilt. Und dann schauen wir mal, wie wir uns eingegroovt bekommen. Ansonsten wurde Südkalifornien vom Hurrikane Hilary und einem zusätzlichen Erdbeben heimgesucht. Nachgefragt beim Cousin – alles glücklicherweise ohne Schaden überstanden. Hello again – der ganz normale Wahnsinn hat uns wieder.

Berlin calling

19.08.2023 – 00:10 Uhr: Freitagabend, International Airport San Francisco – das Gepäck ist eingecheckt, die letzten Dollars ausgegeben. Alles ist startklar für den langen Flug zurück über den Atlantik, zunächst nach Frankfurt und wenn alles klappt, müssen wir das Gepäck noch nicht einmal neu aufgeben. Sind wir tatsächlich schon seit drei Wochen hier? Dabei haben wir längst nicht alles gesehen. Bis zum Schluss haben wir San Francisco ausgelassen – abgesehen von der Überquerung der Golden Gate Bridge von und in die Stadt herein. Von Städten haben wir in diesem Urlaub einfach genug gesehen. Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Viel lieber genossen wir trotzdem die gemeinsame Zeit mit Onkel und Tante in ihrem kalifornischen Domizil.

Brombeerpflücken in den Bergen

Unseren letzten Tag sind wir schließlich durch die nahegelegene Berglandschaft des Sugarloaf Ridge State Parks gewandert, welcher vor drei Jahren von schlimmen Waldbränden betroffen war, sich seitdem aber glücklichereise wieder etwas erholen konnte. Wir haben wilde Brombeeren gesammelt und unsere Füße im Quellwasser gebadet. Der Mann nutzte den Nachmittag zum Wine-Tasting, während Junior und ich zu Hause die Stellung hielten. Und dann war der letzte Tag auch schon wieder um.
Nun fliegen wir mit drei Flaschen kalifornischen Wein, handbemaltem Porzellan meiner Tante und jeder Menge Erinnerungen in die Heimat zurück. Ein Nachtflug – und ich bewundere meine Jungs, die auf den Economy-Sitzen ins Traumland finden. Trotz meiner Kompaktgröße kann ich mich zwar einigermaßen komfortabel in den Sitz falten, aber schlafen kann ich bei dröhnenden Triebwerken oder der einen oder anderen auch durchaus heftigeren Turbulenz nun wirklich nicht. Stattdessen diene ich dem schlummernden Junior als Fußablage, immerhin.

Warten auf den Flieger

Ich bin froh, dass alles so gut geklappt hat, der ganze Urlaub und überhaupt – alles war besser, als ich es mir ausgemalt hatte – vom Land bishin zu den Menschen (Zucchin-Races for President!) – und ich verspüre das dringende Bedürfnis, die nächstbeste Gelegenheit zu nutzen, um erneut in die Staaten zu fliegen. Das ist natürlich eine äußerst kostspielige Angelegenheit, wenngleich die letzten vier Tage in Santa Rosa für uns quasi umsonst waren – abgesehen vielleicht von den sündhaft teuren Frühstücksbrettchen aus Berlin. 😉
Doch erst einmal winkt der Alltag: am Montag geht’s zurück an den Schreibtisch und Juniors Einschulung in einer Woche steht an. Darüber hinaus gilt es natürlich auch die daheimgebliebene Familie zu treffen und mach dem Stand der Dinge zu fragen. Back to reality eben. Was bleibt, sind die Erinnerungen – und die wird uns niemand mehr nehmen. Aber eins ist sicher: Wir kommen wieder!

Kalifornischer Traum

16.08.2023 – 22:03 Uhr: Wir sind angekommen – angekommen im kalifornischen Paradies von Tante und Onkel. Nachdem wir San Francisco durch- und den imposanten Bau der Golden Gate Bridge überquert haben, verspüren wir nicht unbedingt den Wunsch, für weiteres Sightseeing in die Stadt zurück zu kehren. Natürlich haben wir nach dem Passieren der Brücke selbige von allen möglichen Aussichtspunkten und Perspektiven betrachtet und fotografiert. Kraftstoffbedingt mussten wir allerdings rasch die nächste Zapfsäule ansteuern, bevor es dann weiter Richtung Santa Rosa ging. Unterwegs atmeten wir einen Hauch Zukunft, als uns ein vollständig autonom fahrendes und passagierloses Auto überholte. Dann machten wir noch einmal Halt beim vermutlich letzten Diner unserer Reise, der sich zumindest für den Mann als mittelschwere Enttäuschung entpuppte, denn diese Lokalität hatte sich auf eine rein vegetarische Küche spezialisiert. Glücklicherweise bereiteten uns Tante und Onkel abends ein Festmahl aus Kaninchenkeulen, sodass der Mann schließlich doch noch zu seinem Fleisch kam. 😉

Golden Gate Bridge

Seitdem genießen wir sämtliche Annehmlichkeiten, die die hiesige Community, die sich auf Mieter jenseits der 55 Jahre spezialisiert hat, so bietet. Und das ist eine ganze Menge: drei kostenlos zugängliche Pools, mehrere Golfplätze und zahlreiche Clubs zur weiteren Freizeitgestaltung. Das alles inmitten eines herrlichen kalifornischen Weingebiets. Morgens trafen wir bereits auf Rehe und Truthähne, die wohl öfter vorbeischauen. Auch Kolibris sahen wir nun schon häufiger. Sterne lassen sich ebenfalls hervorragend beobachten. Es gibt eigentlich nichts, was es hier nicht gibt. Auch die Umgebung von Santa Rosa ist mehr als sehenswert. So verbrachten wir einen Nachmittag in Sonoma, einer typisch amerikanischen Kleinstadt, in der der Staat Kalifornien erstmalig ausgerufen wurde. Wir durchstreiften die Gassen des Städtchens und wohnten den alljährlichen „Zucchini Races“ bei – der Titel ist Programm: die schnellste Zucchini auf Rädern gewinnt. Die Veranstaltung zog zahlreiche Schaulustige mitsamt ihren Klappstühlen und Picknickdecken an. Wir fühlten uns sofort heimisch und genossen das Gemeinschaftsgefühl der Menschen, welches wir in dieser Intensität von keinem Ort in Deutschland her kennen. Es war faszinierend zu sehen, wie die Leute sich für ein Rennen unter Zucchinis so dermaßen begeistern konnten. Und ich dachte, in meinem Kopf geht es zuweilen rund. 😉 Abends wurden bereits die nächsten Pläne geschmiedet, eines Tages die gemeinsame Familie in Milwaukee, (Wisconsin) zu treffen. Mir war bekannt, dass ich weitere entfernte Verwandte in den USA habe, nicht aber, dass es sich um den Onkel meines Vaters, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in die Vereinigten Staaten übersiedelte – bzw. dessen Nachkommen handelt – und die demnach doch gar nicht so weit weit entfernt verwandt von mir sind. Da sich das durchaus mit meinen Wünschen deckt, dieses wunderbare Land noch einmal und weiter zu bereisen, werde ich an diesem Ziel wohl mittelfristig festhalten.

Zucchini Races in Somona

Heute ging es aber erstmal wieder zum Ozean. Unterwegs sind wir doch noch zu unserem Mammutbäumen gekommen, denn wir machten Halt im Armstrong Redwood Forest, einem weiteren der vielen Parks, der uralte und äußerst hohe Mammutbäume beheimatet. Nach einer anschließenden, kurzen Rast am Russian River in Jenner By The Sea fuhren wir weiter nach Fort Ross, einem weiteren Nationalpark und ehemalige russische Siedlung. Dort wanderten wir herunter zur Bucht, von wo aus wir noch einmal unsere Füße im Meer baden und von weitem die Robben rufen hören konnten. Ferner soll der Strand zu bestimmten Jahreszeiten Heimat von Abalonen, großen ohrförmigen und perlmuttreichen Muscheln sein, wovon wir selbst Teile am Strand finden konnten. Als der Nebel vom Pazifik hereinbrach, brachen auch wir auf und fuhren einen kurvenreichen Teil des Pazific Coast Highways entlang der Steilküste zurück. Im Bodega Bay legten wir einen letzten Stopp ein, um das „Potter School House“ zu fotografieren, welches einst als Kulisse für Alfred Hitchcocks Klassiker „Die Vögel“ diente.

Fort Ross

Morgen steht der letzte volle Tag unserer Reise an. Wahrscheinlich werden wir nach Sacramento, Kaliforniens Hauptstadt, fahren und eine weitere Pilgerstätte, das Jelly-Belly-Werk, zumindest passieren. 😉 Es ist schon verrückt, wie schnell die Zeit vergangen ist und vorallem, wie viele Eindrücke wir in den letzten drei Wochen gesammelt haben. Fast schon unwirklich, in wenigen Tagen schon wieder zu Hause zu sein und das alles hinter sich gelassen zu haben. Doch noch ist keine Zeit, wehmütig zu werden. Schon gar nicht, wenn sich die ersten Ideen für weitere Routen in den USA formen. Nach der Reise ist vor der Reise! 🙂

Auftanken

13.08.2023 – 22:53 Uhr: Die vergangenen Tage haben wir deutlich ruhiger angehen lassen. Das mag merkwürdig klingen, wenn man bedenkt, dass wir uns mitten in einem der bedeutendsten Technologiestandorte weltweit, dem Silicon Valley, befinden – und noch dazu direkt vor den Toren San Franciscos. Eigentlich müsste ich also eine ganze Menge zu berichten haben. Keine Sorge, immerhin waren wir jeden Tag auch mal an der frischen Luft. 😉 Nach zwei Wochen Non-Stop-Travelling haben wir aber auch einfach mal so etwas wie eine kleine Erholungsphase benötigt, die sich in Form von „Hearthstone“-Zocken („Nimm das, Stacheleber!“) und langem Ausschlafen äußerte. Zwischendurch ging es natürlich trotzdem raus, etwa nach San Josés Little Italy zu einem exzellenten, wenngleich auch höherpreisigen italienischen Restaurant – endlich wieder Pasta! In Santa Cruz haben wir ebenfalls einen Stopp eingelegt, allerdings standen wir hier wieder vor dem altbekannten Problem, dass viele andere Menschen auch zum Beach wollten, sodass wir weiter nördlich entlang des Pacific Coast Highways bis nach „Laguna Creek“ gefahren sind, einem versteckten Strandabschnitt, den man mit einem kurzen Fußmarsch über unwegsames Gelände erreichen kann. Hier waren kaum Menschen, das Meer war jedoch recht kühl und die Wellen hoch. Mich hatte es daher erst gar nicht ins Wasser gezogen. Nachdem die Jungs sich kurz erfrischt hatten, ging es erst ins nächste Diner – und anschließend zurück in unsere Gemächer.

Laguna Creek Beach

Heute Morgen – beziehungsweise gestern Abend deutscher Zeit haben meine Eltern und ich – nach ein paar Startschwierigkeiten (Jaja, die Technik 😉 ) – per Video telefoniert. Ergebnis: Unser Wohnwagen steht noch – zwar nicht in North Fork, Kalifornien, aber immerhin an einem See und im Wald – ein Anfang! Anschließend zog es uns zurück in die Zivilisation. Wir besuchten den altehrwürdigen Campus der Stanford University – Größen wie der ehemalige, 31. US-Präsident Herbert Hoover sowie zahlreiche Gründer renommierter Technologieunternehmen haben hier ihren Abschluss gemacht. Nachdem wir Junior seine zukünftige Wirkungsstätte gezeigt hatten (man wird ja wohl noch träumen dürfen 😉 ), wollten wir noch etwas Innovationsluft schnuppern. Als „Digital Natives“ zog es uns zu dem Ort, an dem alles, oder zumindest vieles, begann: dem Google-Campus. Tatsächlich gab es weder hier, noch an den anderen Unternehmenszentren, die wir bis dorthin passierten, etwas Spannendes zu sehen, sodass es lediglich bei der Vorbeifahrt blieb. Nachdem wir uns im „Saveway“ für den Abend eingedeckt haben, ging es zurück in unser Forrest-Gump-Gästehaus.

Campus der Stanford University

Morgen treten wir den letzten Abschnitt unserer Reise an. Wir fahren weiter nach Santa Rosa, dem Ort, an dem Onkel und Tante wohnen, und verbringen die letzten Tage bei ihnen, bevor unsere Reise vorerst endet. Doch bis dahin bleibt noch viel Zeit für weitere Abenteuer. Natürlich steht auch San Francisco noch auf dem Ausflugsprogramm. Die zerrissene Jeans und der Blumenkranz liegen schon bereit!

Roadtrip

11.08.2023 – 11:26 Uhr: Seit unserer Abreise aus Long Beach vor drei Tagen, haben wir mehr als 700 Meilen zurückgelegt, das sind umgerechnet etwa 1.230 Kilometer – mehr als Deutschland zwischen Nord und Süd lang ist. Okay – wir haben einen 300-Meilen-Umweg zum Yosemite-Park gemacht, was ungefähr der Luftlinienentfernung zwischen Berlin und Köln entspricht. Man bekommt ein ganz neues Gefühl für Entfernungen, wenn man in den USA unterwegs ist. Dabei sind wir bei dieser Rechnung keine Wege doppelt gefahren. Es ist, als ob wir von Berlin zum Wörthersee in Österreich gefahren wären und uns auf Höhe Zwickau dazu entschieden hätten, noch einen Abstecher in Fulda einzulegen. In unserem Fall haben wir Kalifornien aber nie verlassen. Der drittgrößte Bundesstaat der Vereinigten Staaten ist einfach mal 1,2 Mal so groß wie Deutschland. So langsam wird uns bewusst, weshalb die jungen Frauen, die wir damals in Washington kennen gelernt haben, noch nie an der Westküste waren – und warum Roadtrips in ausgewählten Teeniekomödien der 2000er Jahre immer wieder ein beliebtes Motiv waren.

Unterwegs auf dem Highway

Nachdem wir also das Los Angeles County verlassen hatten, war unser nächstes Ziel Pismo Beach – zunächst entlang des Pacific Coast Highways mit Badestopp in Malibu Beach, später durch das Santa Ynez Valley, einem der zahlreichen kalifornischen Weinbaugebiete, mit einem umwerfenden Blick auf den Cachuma Lake. Von der Unterkunft in Pismo Beach selbst waren wir das erste Mal weniger angetan. Zum einen erschien die etwas abgelegene Ferienanlage bereits ein wenig heruntergekommen, gleichzeitig wirkte das gesamte Areal irgendwie zwielichtig auf uns. Dass wir statt des gasbetriebenen Ofens auch noch den Gas-/Rauchmelder aktiviert bekommen hatten, trug auch nicht gerade zum Wohlbefinden bei. Nachdem wir ordentlich durchgelüftet hatten, gab es datschige Mikrowellenpizza zum Abendbrot. „Das ist der Tiefpunkt unserer Reise“, kommentierte der Mann treffend. Glücklicherweise war Pismo Beach ohnehin nur als Übernachtungs-Zwischenstopp eingeplant und so waren wir froh, unsere sieben Sachen gleich am darauffolgenden Morgen zusammenzupacken und das nächste Ziel – ein absolutes Highlight der Reise – anzusteuern.

Highway entlang des Cachuma Lakes

Auf den Ausläufern des Sierra Nevada – Gebirges gelegen, befindet sich North Fork etwa 800 Meter über dem Meeresspiegel und unweit des Yosemite-Nationalparks. Hier hatten wir uns für eine Nacht im Campingwagen – so ein typisch vollausgestatteter amerikanischer Anhänger – auf dem Grundstück von Donna und Matt einquartiert. Da es an diesem Tag schon spät war, um nach zu Yosemite zu fahren, entschieden wir uns stattdessen, die nähere Umgebung zu erkunden. Am Bass Lake, einem wunderschönen Naherholungsgebiet, gab es zum Abendbrot mal kein Fast Food, sondern Turkey- und Egg-Sandwich, sogar mit ganz passablen Brot – sowie Seeblick inklusive. Um unser Frühstück im Freien für den Folgetag vorzubereiten, fuhren wir anschließend zu „Raley’s“. Richtig heimisch fühlten wir uns, als plötzlich Peter Schillings „Major Tom“ durch die Lautsprecher klang – die Englische Variante, aber offenbar erfolgreich genug, um noch 40 Jahre später im amerikanischen Supermarkt-Radio zu laufen. Das alles war zwar schon ganz schön, aber eigentlich noch nicht das erwähnte Highlight. 😉 Denn das war natürlich die Übernachtung im Campingwagen.

Panoramablick vom Bass Lake

Als wir das Grundstück unserer Gastgeber erneut befuhren – es dämmerte bereits – trafen wir auf ein Reh, das gemächlich unseren Weg kreuzte. Matt hatte uns Holz gebracht, welches wir im Outdoor-Ofen verbrennen konnten. Es wurde ein richtig gemütlicher Abend. Sobald wir uns ein paar Meter vom Wohnwagen entfernten, konnten wir auch die unzähligen Sterne beobachten. Es war stockfinster und in der Ferne konnten wir ab und zu ein paar Tiere hören. Ansonsten war da absolut nichts. Wir bereuten schon bei unserer Ankunft, nicht noch ein paar Tage mehr in diesem kleinen Paradies eingeplant zu haben. Selbstverständlich kam nun endlich meine Sony Cybershot mitsamt Stativ zum Einsatz. Im manuellen Modus wählte ich die Einstellungen, die von Hobby-Fotografen für Nachtaufnahmen empfohlen wurden. 20 Sekunden Belichtungszeit sind notwendig, um die Sterne aufs Zelluloid beziehungsweise auf den Speicherchip zu bekommen. Leider hatte ich ein Verbindungskabel für meinen Auslöser zu Hause vergessen, sodass ich die Aufnahme von Hand starten musste. Scheinbar war ich aber filigran genug bei der Sache, um am Ende ein paar wirklich gute Aufnahmen vom Großen Wagen, der Milchstraße und unserem Wohnwagen im Nachthimmel zu schießen. So konnte ich ein paar tolle Urlaubserinnerungen schaffen und habe gleichzeitig ein vielleicht langwieriges neues Hobby gefunden. 🙂

Campingwagen in North Fork

Natürlich stand noch der Besuch des Yosemite-Nationalparks an. Für 35 Dollar kann man das Areal sieben Tage lang mit dem Auto befahren. Es gibt einige Parknischen, an denen man halten kann, ein paar größere Parkplätze an den Aussichtspunkten und wenige Besucherzentren mit Schlaf- und Einkaufsmöglichkeiten, aber im Großen und Ganzen ist der Park naturbelassen. Ein Tag reicht hier gar nicht aus, um alles zu sehen. Auch hier hatte ich mich wieder vom Reiseblogger meines Vertrauens leiten lassen, der dem Park nur einen halben Nachmittag gewidmet hatte. Gesehen haben wir trotzdem eine ganze Menge. Am Glacier Point erhält man einen beeindruckenden Panoramablick auf den Gipfel des Half Domes sowie mehreren Wasserfällen. Anschließend ging es hinunter zum Yosemite Valley, wo man im glasklaren Fluss baden und die Yosemite Falls aus der Nähe betrachten konnte. Hier und da standen die berühmten Mammutbäume. Leider hatten wir es bei der Einfahrt in den Park versäumt, zum größten von ihnen in der Umgebung – dem um die 2.000 Jahre alten Grizzly Giant – abzubiegen. Da wir Yosemite an einem anderen Ausgang verließen, hätte das einen riesigen Umweg für uns bedeutet – Amerika und seine Entfernungen eben. So ging es wieder einmal nur teilweise verrichteter Dinge, dafür aber mit neuen Reiseplänen für die nächsten Jahre, weiter Richtung San José.

Panorama vom Glacier Point

Einen Zwischenstopp legten wir im Städtchen Merced in „Scott’s Diner“ ein – dem vermutlich amerikanischsten Diner auf unserer Reise. Offenbar an Touristen wie uns weniger gewohnt, überwarf man sich hier mit Freundlichkeit, sodass wir uns sehr willkommen fühlten und einander neue Vokabeln austauschten: „straw“ oder in our language: STROHHALM (Tell me you are German without saying you are German 😉 ). Weiter ging es durch die Abenddämmerung über unendlich lange Highways, vorbei an der Zwiebelstadt Gilroy, deren Geruch uns noch meilenweit verfolgte (und uns dazu veranlasste den Besuch unmittelbar aus unseren Reiseplänen zu streichen), bis wir abends unser vorletztes Etappenziel, San José, erreichten. Wir schlafen in einem urigen Gästehaus, dass mich auf den Bildern an das Forrest-Gump-Haus erinnert. Von innen entspricht es vollends meinen Erwartungen. Von außen habe ich es tagsüber noch nicht gesehen, da wir uns nach unserem Roadtrip der vergangenen Tage noch etwas erholen und den Tag heute ganz entspannt einläuten. Aber vielleicht geht es heute ja auch nochmal raus. 😉

LA LA Land

08.08.2023 – 09:53 Uhr: Gestern haben wir einen echten Star getroffen: meinen Cousin, der seit einiger Zeit in Südkalifornien lebt und der sich für uns Zeit genommen hat, um uns Los Angeles zu zeigen. Gesehen haben wir uns zuletzt vor zehn Jahren in Berlin, als ich ihm mitsamt Reisebegleitung wiederum Berlin näher gebracht hatte. Viel zu viel Zeit ist seitdem vergangen, daher war die Wiedersehensfreude natürlich groß und – finally – Frühstücksbrettchen Nummer 1 wurde erfolgreich verteilt. Los ging es dann mit einem ausgedehnten – und sehr guten – Frühstück in einem französischen Café nahe des Rodeo Drives, den wir anschließend besichtigt haben. Sofort sprang uns die Postleitzahl ins Auge, Titelgeberin der erfolgreichen 90er Serie „Beverly Hills, 90210“. Geschaut habe ich sie nie, allerdings kann ich mich noch genau an den Teaser erinnern, wenn die neuesten Folgen auf SuperRTL, jeweils im Anschluss an die Cartoons, liefen. 😉

Rodeo Drive

Anschließend ging es zum berühmten Walk of Fame, auf dem unzählige Hollywoodgrößen ihren eigenen Stern erhalten – und im Übrigen dafür bezahlt haben. Neben Alfred Hitchcock, Elton John oder Halle Berry liest man dort Namen meiner Kindheitsidole wie Shrek, Mickey Mouse und Bugs Bunny. Ansonsten ist der Boulevard einigermaßen überlaufen, weswegen wir uns dort nicht allzu lang aufhielten und uns nach einer kurzen Stärkung in Form von Erdbeereis am Stiel zum nächsten Ziel begaben: das Griffith Observatory. Nachdem wir uns gegen einen fünfzehnminütigen Walk durch die Hitze und für den Parkplatz direkt vor dem Observatorium entschieden hatten (Parkgebühr: $ 10 die Stunde – wir hatten aber das Glück, dass jemand uns sein noch nicht abgelaufenes Parkticket schenkte), bot sich uns eine wunderbare Aussicht über Los Angeles, dessen Skyline wir seit unserer Ankunft vor ein paar Tagen im ewigen Dunst eingehüllt sehen. Kein Wunder bei derart vielen Autos. Besserung ist allerdings in Sicht, denn im Zuge der olympischen Sommerspiele 2028 plant die Stadt, ihr Angebot über die öffentlichen Verkehrsmittel deutlich auszubauen.

Blick nach L.A. Downtown

Direkt neben dem Observatorium befindet sich der „Berlin Forest“, eine kleine Parkanlage, die im Rahmen der seit 1967 bestehenden Städtepartnerschaft zwischen Los Angeles und Berlin (Wusste ich gar nicht!) angelegt wurde und nicht nur zum Verweilen einlädt, sondern den Blick zum Wahrzeichen der Filmindustrie freigibt, nämlich dem berühmten Hollywood Sign. Das Gelände ist wirklich schön gemacht und einen Besuch definitiv wert. Leider war das Griffith Observatory geschlossen, sodass wir es leider nicht von innen gesehen haben, laut unserem Reiseführer-Cousin soll aber auch der Besuch äußerst lohnenswert sein.

Griffith Observatory

Anschließend ging es zum Beach nach Santa Monica. Der Pier bietet neben einigen Fahrgeschäften zahlreiche Lokalitäten wie der „Bubba Gump Shrimp Co.“ (Na? Klingelt’s? 😉 ). Wir entschieden uns allerdings für die „Burgerlounge“, genauer gesagt die Männer. Einen Tag, nachdem wir uns geschworen hatten, für die nächsten zehn Jahre keinen Burger mehr zu essen, hielt ich meinen Vorsatz ein und bestellte einen „Nice Little Side Salad“. Nach wieder einmal mehr als 10.000 zurückgelegten Schritten war auch dieser schöne Tag schon wieder vorbei. Auch unser L.A.-Abschnitt endet heute und wir werden weiter Richtung Norden fahren. Unser nächster Halt wird Pismo Beach sein. Diese kleine Küstenstadt befindet sich etwa auf halber Strecke in Richtung San Francisco. Vorher werden wir jedoch einen kleinen Schlenker zum Yosemite-Park machen, bevor es weiter nach San José geht. Wahrscheinlich werde ich es erst dann schaffen, den nächsten Eintrag zu schreiben. Dafür aber mit hoffentlich umwerfenden Aufnahmen meiner Sony Cybershot und dem sternenklaren Nachthimmel über Yosemite. Das Reisestativ ist startklar – stay tuned!

Californication

06.08.2023 – 22:04 Uhr, Pacific Time – Von einer Megacity in die nächste: vor zwei Tagen sind wir in Los Angeles angekommen – und mit dem Zeitpunkt, an dem das Flugzeug auf die Landebahn aufgesetzt ist, ist jeglicher Stress von uns abgefallen. Das mag einerseits daran liegen, dass von der Abholung des Mietwagens bishin zum Check-In in unsere Unterkunft alles reibungslos ablief – perfekte Organisation eben. 😉 Andererseits hat uns die kalifornische Lässigkeit sofort erfasst – dieser Staat hält, was er verspricht! Genau genommen domizilieren wir nicht direkt in Los Angeles, sondern im benachbarten Long Beach, einer Stadt die alles verkörpert, was ich mir von Kalifornien erträumt habe: Freiheit, Sonne und Surfer-Boys!

Freiheit, Sonne und Surfer-Boys

An die amerikanischen Verkehrsregeln gewöhnt man sich schnell. So kann man beispielsweise an jeder roten Kreuzung bei freier Bahn sofort rechts abbiegen, sofern ein Schild dies nicht explizit ausschließt. An ampellosen Kreuzungen bekommt derjenige Vorfahrt, der die Kreuzung zuerst erreicht und es gibt grundsätzlich kein Rechtsfahrgebot. Das mag alles anfangs ungewohnt klingen, aber sowohl der Mann als auch ich haben in der Fahrpraxis das Gefühl, dass der Verkehr auf diese Weise insgesamt flüssiger und somit entspannter läuft. Und das soll im Autoland Amerika echt etwas heißen. In Großstädten gibt es kaum Hauptstraßen, die weniger als über drei Spuren pro Richtung verfügen. Autobahnen sind mitunter sechsspurig. Alles ist voller Autos. Was ich aber so nicht gedacht hätte: Auto fahren auf amerikanischen Straßen macht wirklich Spaß! Fährt man zu langsam, wird man einfach von links – oder eben von rechts überholt – keine passiv aggressiven BMW-Fahrer mit Lichthupe, die fast in deinem Kofferraum sitzen. Auch die Beschilderung ist verständlich und vorausschauend. Einzig die Qualität der Straßen versetzt mich in frühe Kindheitserinnerungen zur Wendezeit zurück, als es mit dem Familien-Wartburg auf Holperstraßen gen Ostsee ging (Yes, I am exactly this years old!). Nicht ohne Grund sieht man alle paar Meilen Reste von geplatzten Autoreifen am Straßenrand liegen.

Highway durch die kalifornische Wüste

Mit dem Parken ist das hier allerdings so eine Sache. Unseren ersten vollen Tag wollten wir – natürlich – am Beach verbringen. Am Ende hat es uns in das 30 Meilen entfernte Laguna Beach verschlagen, denn offenbar hatten die Kalifornier an einem Samstagnachmittag mitsamt ihren Autos die gleiche Idee – und so fuhren wir immer weiter südwärts, bis wir endlich in einer Seitenstraße parken konnten. Doch die Mühe – die eigentlich keine war, denn entlang des Pacific Coast Highways gibt es sowieso atemberaubenden Meerblick immer inklusive – hat sich gelohnt. Wir erfrischten uns im Pazifik, beobachteten die eingangs erwähnten Surfer-Boys und genossen schließlich die Sicht auf einen wunderbaren Sonnenuntergang. Nachdem wir uns im „Trader Joe’s“ noch mit Lebensmitteln für die nächsten Tage eingedeckt haben („Haben die hier kein anständiges Brot?!“), ging es durch die Dunkelheit, die mit der untergehenden Sonne abrupt eintritt, nach Hause.

Nach einem ausgedehnten – endlich wieder pancakelosen – Frühstück und einem Cup selbstgebrühten Starbucks Caramel flavoured coffee mit French Vanilla Coffee Creamer (Sünde!) habe ich mich heute in unserem Mietwagen mal selbst ans Steuer gewagt. Auf dem Highway ging es durch eine bergige Wüstenlandschaft bis nach Pioneertown, einer Gemeinde die in den 40er Jahren von einer Gruppe Investoren und Schauspielern gegründet wurde, um ein Set für Westernfilme zu schaffen, das gleichzeitig als Wohnort für die Filmcrews dienen sollte. Zustande gekommen sind dort mehr als 200 Filme. Nachdem das Interesse am Western allmählich abebbte, blieb das Örtchen in seiner Form bestehen und bietet Besuchern ein kostenfreies Filmmuseum und am Wochenende ein paar Shops zum Verweilen. Zugegebenermaßen habe ich mir vom Besuch etwas mehr erwartet. Die Speisen im Saloon sagten uns nicht so wirklich zu und binnen weniger Minuten ist man den Ort schon wieder abgelaufen. Gegessen haben wir anschließend in einem mexikanischen Restaurant am Palms Highway zu vergleichsweise moderaten Preisen. Immerhin bot die jeweils zweistündige An- und Rückfahrt tolle Einblicke in die kalifornische Wüstenlandschaft. Bei 40 Grad im Schatten waren wir aber auch überaus froh, in einem klimatisierten Wagen zu sitzen.

Pioneertown

Nachdem wir L.A. bisher so ein bisschen ausgelassen haben, geht es morgen endlich in die „Stadt der Engel“, zunächst zum Frühstück bei meinem Cousin und dann gemeinsam nach Hollywood. Mal sehen, was es dort zu entdecken gibt – und vielleicht werde ich ja sogar entdeckt? 😉

Reizüberflutung

03.08.2023 – 22:56 Uhr: In den vergangenen zwei Tagen wurden unsere sieben Sinne vollkommen auf die Probe gestellt. Nach unserem umfangreichen Sightseeing-Programm am Dienstag, beschlossen wir gestern, uns einen Tag zurückzunehmen und statt nach Manhattan nach Coney Island zu fahren, um einerseits einen Beach-Day einzulegen, andererseits ist die Halbinsel im Süden von Brooklyn für seine großen Vergnügunsparks bekannt, denen wir zusammen mit Junior unbedingt einen Besuch abstatten wollten. Grundsätzlich ist der Strand großzügig und schön angelegt. Leider war der Sand mit Müll und Scherben übersät, sodass wir uns dort nicht allzu lang aufhielten. Nachdem wir uns im Atlantik erfrischt hatten, zog es uns zurück zur Promenade, um Mittag zu essen. Wir entschieden uns für ein ziemlich uriges Lokal, welches den Charme eines typisch amerikanischen Diners der 50er versprühte – oder zumindest, wie ich mir ein solches immer vorgestellt hatte. Publikumsmagnet dort war eine Jukebox, auf der man für einen Dollar drei Songs auswählen konnte. Auch wenn es mich stark reizte, als Kind der 90er einen Song von Britney Spears oder den Spice Girls auszuwählen, entschied ich mich für Stücke, die dem Ambiente des Diners eher entsprachen.

Die Jukebox im „Ruby’s“
  • The Beatles – Come Together
  • Frank Sinatra – It was a very good year
  • Elvis – Jailhouse Rock

Letzterer verbreitete ordentlich Stimmung, sodass nicht nur Junior das Tanzbein schwang, sondern sich auch weitere Gäste vom Stuhl erhoben, um sich zum King of Rock’n’Roll zu bewegen – ein ziemlich toller Moment! Insgesamt verbrachten wir recht viel Zeit im Diner, bis wir uns entschieden, den Rummel anzusteuern. Der „Deno’s Wonder Wheel Amusement Park“ ist im Wesentlichen auf Familien ausgerichtet, sodass insbesondere Junior voll auf seine Kosten kam. Zu erwähnen, ist das Riesenrad „Wonder Wheel“, welches neben den normalen Gondeln solche hat, die im Innenring hin und her rutschen und somit stark schwingen. Wir entschieden uns für die „No-Swinging“-Variante und genossen einen wunderbaren Ausblick auf Coney Island bis nach Manhattan. Junior und ich besuchten noch die original aus den 50er Jahren stammende Geisterbahn „Spook-O-Rama“, die mir schon beim ersten Schreck, ein Teenie-Geschrei vom feinsten entlockte. Die nächsten Erschrecker ließen sich zwar gut vorhersehen, jedoch blies es mir unter Einsatz eines starken Luftdruckschusses die Kappe vom Kopf, sodass diese in der Dunkelheit verschwand. Glücklicherweise holte mir der Geisterbahn-Mitarbeiter mein Base-Cap zurück, sodass wir bereits nach wenigen Minuten wieder vereint wurden. Wir verbrachten einen schönen Tag auf Coney Island. Auf dem Rückweg entfachte sich eine hitzige Diskussion zwischen mir und dem Mann, da ich davon überzeugt war, an unserer Subway-Station würde nur eine Linie halten. Ich war sogar bereit, auf eine Wette einzuschlagen. Am Ende stellte sich heraus, dass ich grundsätzlich recht hatte, zu bestimmten Abend- und Nachtzeiten trotzdem noch andere Linien dort hielten. Das New Yorker Subway-Netz kann zuweilen sehr verwirrend sein.

The Wonder Wheel

Unseren letzten vollen Tag verbrachten wir erneut mit Sightseeing. Auf Empfehlung hin kauften wir uns für vier Dollar pro Nase Tickets für die New Yorker Fähre, um von Brooklyn nach Manhattan überzusetzen. Wir passierten die Brooklyn Bridge und genossen erneut einen großartigen Blick auf Manhattan. Auf die Titanic Exhibition verzichtete ich aber schließlich doch – einerseits weil die Männer nicht wirklich begeistert von der Idee waren, andererseits hatten wir noch ein paar andere Must-Sees auf dem Programm, die wir sonst nicht vollumfänglich geschafft hätten. Nachdem wir uns im „New York Burger Co.“ mit ebensolchen gestärkt hatten, ging es in den High Line Park, einer alten Hochbahntrasse, die begrünt und zur Parkanlage umgestaltet wurde.

auf der High Line

Am Ende der Trasse gelangt man zu einer wahrhaftigen Touri-Falle: die Aussichtsplattform des 395 Meter hohen 30 Hudson Yards, vor Ort mit dem Namen „Edge“ vermarktet. Wir entschieden uns für die Plattform und nachdem wir wieder einmal die Credit Card gezückt hatten, gelangten wir mittels Schnellaufzug in die 100. Etage. Die Plattform befindet sich mit 335 Metern nochmal deutlich höher, als die des Berliner Fernsehturms und hat es echt in sich. Vom Edge aus konnten wir ganz New York überblicken. Selbst der Central Park wirkte wie eine kleine, schnucklige Parkanlage. Wer es aufregend mag, kann über die im Boden eingelassenen Plexiglasscheiben gehen und die Straßen New Yorks im wahrsten Sinne des Wortes zu seinen Füßen liegen sehen. Die Jungs schienen bei der ganzen Sachen eher schmerzfrei gewesen zu sein. Ich hielt es jedoch immer nur höchstens für ein paar Sekunden auf dem Glas aus. Nachdem wir Manhattan umfangreich begutachtet hatten, verschlug es uns zu unserem letzten Ziel des Tages und unseres gesamten New York – Aufenthalts. Denn was wäre ein New York – Trip ohne Times Square?

Ausblick von „The Edge“

Der Times Square ist, wie man ihn vom Fernsehen kennt: laut, bunt und voller Menschen. Wir ließen das Geschehen auf uns einprasseln, kauften überteuerte Souvenirs für die Daheimgebliebenen (Wie war das nochmal mit den Vorsätzen?), bestaunten eine Breakdance-Show und fotografierten Michael Jackson, der uns für ein paar Dollar den Moonwalk präsentierte. Umrissen wird die gesamte Szenerie mit schillernden und wild blinkenden, übergroßen Werbebannern. Spätestens jetzt verabschiedeten sich auch unsere letzten Sinneszellen in den Feierabend. Ich finde, der Times Square spiegelt New York genauso wieder, wie ich die Stadt in den vergangenen Tagen erlebt habe: eine sehr spannende Mischung aus allem, was man sich vorstellen kann. Richtig fühlen, tu‘ ich sie allerdings nicht und so wird mein Besuch sehr wahrscheinlich der letzte gewesen sein. Morgen geht es für uns nach Kalifornien, wo wir zwei Wochen lang mit dem Mietwagen unterwegs sein werden. Starten werden wir in Los Angeles, von wo aus wir uns langsam Richtung Norden bewegen werden. Mal sehen, was der Sunny State so zu bieten hat!

New York, New York!

01.08.2023 – 22:43 Uhr: Eigentlich sollte mir sofort Frank Sinatras Version des weltberühmten Klassikers ins Ohr kommen – oder wenigstens Alicia Keys‘ nicht minder stimmgewaltige Hymne ans „Empire State of Mind„. Immer wenn ich diese Zeilen jedoch lese, muss ich an Nina Hagens schrägen Song denken, den ich vor vielen Jahren in einem Beitrag der „80er Show“ auf RTL mit Oliver Geißen gesehen hatte und der mich seitdem nie richtig losließ – was auch immer man daraus auf mich schließen mag. 😉 Die Stadt selbst ist für mich irgendetwas dazwischen und irgendwie auch komplett anders. „New York is totally different from Washington“, gab uns Gary zum Abschied mit und er sollte recht behalten.

Mit dem Zug ging es von der Union Station in Washington zur New Yorker Pennsylvania Station, vorbei an Philadelphia, dem Namensgeber des brandenburgischen Örtchens bei Storkow – wer da mal vorbei kommt, sollte unbedingt einen Abstecher zu den Köllnitzer Fischerstuben machen. Das amerikanische Original ist natürlich weitaus größer. Ursprünglich hatte ich einen Spaziergang durch die Altstadt in Erwägung gezogen, es am Ende aus organisatorischen Gründen verworfen. Stattdessen musste der Schnappschuss der Skyline für den Familienchat ausreichen, zusammen mit der augenzwinkernden Bemerkung, gleich mal die Fischerstuben zu besuchen (Schenkelklopfer kann ich 😉 ). Insgesamt war die Zugfahrt sehr entspannt und lässt sich mit einer Fahrzeit von etwas mehr als drei Stunden gut aushalten. Nachdem wir Newark passiert hatten, breitete sich allmählich die schier endlose Skyline der „Stadt der Träume“ vor uns aus, was uns einigermaßen hibbelig werden ließ. Doch der Hunger trieb uns zunächst in die nächstbeste „Smashburger“-Filiale und bescherte uns „den besten Burger aller Zeiten“ – fünf von fünf Sternen von Junior und dem Mann. Gestärkt machten wir uns auf dem Weg zu unserem Hotel in Brooklyn und so lernten wir die berühmte New Yorker Subway kennen, der man ihr Alter (Bauzeit zwischen 1904 und 1940) deutlich ansieht, doch die uns zuverlässig zum Zielort brachte, wo wir den Abend mit „Yogurt covered Pretzels“ und sonstigem Knabberkram ausklingen ließen.

Ankunft in New York City

Heute absolvierten wir ein richtiges Sightseeing-Mammutprogramm. Zuerst ging es zum Battery Park, von wo aus man DAS Wahrzeichen, die Freiheitsstatue sehen kann, aber auch Ellis Island, die lange Zeit die New Yorker Einreisebehörde beheimatete. Natürlich fiel unser Blick hier bereits auf das One World Trade Center. Doch zunächst war es der Wunsch des Crypto-Nerds von Mann, die Wall Street mit der New Yorker Börse zu sehen. Die besten Jahre hat allerdings nicht nur der Financial District längst hinter sich gelassen. Viele Gebäude im Bezirk und in der gesamten Stadt wirken doch schon sehr in die Jahre gekommen. Weiter ging es zum One World Trade Center und dem 9/11-Memorial am Ground Zero. Ich war elf Jahre alt, als ich von den Terroranschlägen erfuhr und habe das Ausmaß erst einige Jahre später emotional so richtig begriffen. Auch ist inzwischen viel Zeit vergangen. Trotzdem veranschaulicht das Memorial sehr eindrücklich das Loch, welches damals nicht nur in die New Yorker Skyline, sondern auch in die Herzen der New Yorker Bevölkerung gerissen worden sein muss. Ich war einigermaßen ergriffen, an diesem denkwürdigen Ort zu stehen.

9/11-Memorial

Anschließend ging es zum Mittagessen am North Cove Yacht Harbor. Zum Glück wurden wir mehrfach ob der Restaurantpreise vorgewarnt, sodass mich die Rechnung nicht vollends vom Stuhl haute. Aber ich drück’s mal so aus: beim heimischen Griechen hätten wir maximal die Hälfte bezahlt! Nun musste aber auch Junior auf seine Kosten kommen. Schließlich war dieser die 10.000 Schritte zu Fuß, die wir seit Washington täglich im Durchschnitt zurücklegen, immer brav mitgekommen, ohne dass wir bisher besonders auf Kinder ausgerichtete Ziele angesteuert hätten. Genau dies forderte er sich nun lautstark – und völlig zurecht – ein, sodass wir uns wieder in die Subway und zum nächsten Ziel begaben: dem New Yorker Central Park, in dem es auch mehrere Spielplätze gibt.

Der Park ist tatsächlich so etwas wie eine riesige Oase – sogar mit eigener Verkehrsinfrastruktur, zumindest was den Verkehr auf unmotorisierten Rädern betrifft. Mittendrin mehrere Seen und jede Menge Grünflächen, die tatsächlich zuweilen vergessen lassen, dass man sich eigentlich immer noch im Herzen Manhattans befindet. Junior machte direkt Bekanntschaft mit der schon zuvor mehrfach erfahrenen amerikanischen Offenheit und lernte Mason, einen etwa gleichaltrigen New Yorker Jungen, kennen, der mit ihm eine Weile Fangen spielte. Anschließend besuchten wir einen weiteren für mich persönlich wichtigen Ort: das Strawberry Fields, das Denkmal, das Yoko Ono für ihren verstorbenen Mann, John Lennon, errichten ließ, nachdem dieser in New York von einem Fan erschossen wurde. Um diesen Platz herum war viel los, was der Mann nicht ganz verstand. („Deswegen sind wir die 0,7 Meilen hierher gelaufen?!“) Trotzdem war ich ein zweites Mal an diesem Tag berührt. Immerhin fand sich auf dieser Höhe die nächste Subway-Station nach Hause. Zwei volle Tage liegen noch vor uns und so langsam wird uns bewusst, dass wir auch diesmal nicht alles schaffen werden, was wir uns vorher ausgeguckt haben. Coney Island werden wir auf jeden Fall noch mitnehmen. Auch am Times Square waren wir noch nicht – und irgendwie muss ich den Mann noch von der „Titanic Exhibition“ überzeugen. 😉