Die Welt ist ein Dorf

21.04.2023 – 12:11 Uhr: In den letzten Tagen und Wochen standen einige Behördengänge zur Beantragung neuer Reisepässe sowie zur Ausstellung eines internationalen Führerscheins an. Der internationale Führerschein wird in Kalifornien, wo wir mit dem Mietwagen unterwegs sein werden, zwar nicht unbedingt benötigt, doch für Reisen in die Vereinigten Staaten empfohlen – in einigen Bundesstaaten ist er sogar vorgeschrieben. Das Dokument an sich wirkt allerdings wenig glamourös geschweige denn international. Für diesen mussten wir jedenfalls in unsere etwa 50 Kilometer entfernte Kreisstadt fahren, was schon ein Abenteuer an sich war – so tief nach Brandenburg dringen wir selten vor. Trotzdem birgt das Leben auf dem „Ländle“ viele Vorteile, insbesondere wenn es eben um Behördengänge geht, denn in der Regel ist es hier nicht notwendig, einen Termin zu vereinbaren. Geh einfach in dein Gemeinderathaus – oder eben in das für Dich zuständige Straßenverkehrsamt – schildere Dein Anliegen und in wenigen Wochen erhältst Du Deinen Reisepass, der internationale Führerschein wurde uns sogar direkt übergeben. In der benachbarten Hauptstadt haben wir ganz andere Erfahrungen gemacht, sowohl was die Terminfindung betrifft – hier nimmst Du den erstbesten, den Du kriegen kannst – und wenn er erst in 3 Monaten um 7:00 Uhr morgens sein wird – du bist dankbar. 😉 Hast Du nach einigen Stunden Klickarbeit den Kampf um einen Behördentermin gewonnen, wirst Du vor Ort meistens mit rauem Ton in Empfang genommen. Ein weiteres Anliegen als das gebuchte wird knallhart abgeschmettert und der Spaß beginnt für Dich aufs Neue.

Währenddessen beginnt für Junior die Turnierzeit seines Fußballvereins und wir sind als stolze Eltern natürlich Feuer und Flamme. So habe ich mir bereits den grün-weißen Vereinsschal besorgt – scheint im Übrigen DIE Farbkombination der meisten Brandenburger Fußballvereine zu sein – um Junior inbrünstig zu unterstützen. Als eher introvertierter Junge tut ihm der Sport sichtlich gut und von Turnier zu Turnier wirkt er selbstbewusster. Den Großteil seiner Teammitglieder wird er wohl ohnehin im September im Klassenraum wieder sehen. Tatsächlich frage ich mich, welchen der Jungen er dann noch nicht vom Fußballverein her kennen wird. Die Welt ist eben ein Dorf, das merkt man auch schnell, wenn man im örtlichen Supermarkt einkaufen geht, zufällig die Nachbarn im Warteraum des Krankenhauses trifft oder einfach nur das Gemeindefest besucht. Außergewöhnlicher wäre es wohl mal keine bekannten Gesichter zu treffen.

Trotzde, kann ich mir kaum noch vorstellen, wieder in eine Großstadt zu ziehen. Nur wenige Kilometer von Berlin entfernt ist die Großstadthektik kaum noch spürbar. Klar, der öffentliche Personennahverkehr ist so gut wie gar nicht vorhanden und einen Supermarkt erreichen wir auch nicht fußläufig. Doch die Luftqualität ist nur wenige Kilometer außerhalb deutlich besser, vom Straßenlärm einmal abgesehen. Ich bin schon stolz auf meine Geburtsstadt und auf die berühmte Berliner Schnauze, die ich selbst durchaus beherrsche – doch der Gemeinschaftssinn im Ort und die Ruhe, die die meisten Mitmenschen hier ausstrahlen, ist schon abseits des geschäftigen Treibens nebenan mehr als angenehm. Als Mutti oder anders – in den Dreißigern – sind das Punkte, die man durchaus zu schätzen lernt. 😉

Mutti Business as usual

15.04.2023 – 19:18 Uhr: Auf meiner Arbeit jongliere ich täglich mit vielen verschiedenen Themen. Zum Einen fallen natürlich die klassischen Assistenzaufgaben an, wie etwa Terminerinnerungen, Wiedervorlagen und allgemein Ansprechpartnerin für alle Belange der Vorgesetzten, Geschäftspartner, aber auch – weil wir ein kleines Startup sind – der Kolleginnen und Kollegen für sämtliche administrativen Themen zu sein. Zum Anderen erfährt man aber auch hierdurch einen astreinen Praxisbezug und bekommt eben alles, was man irgendwann mal theoretisch im Studium gelernt hat, gerade in dieser Unternehmensgröße, aus erster Hand mit. Ab und an flattert auch am Wochenende – und dann gerne zu nächtlicher Stunde – eine E-Mail des Chefs herein – Haben wir daran gedacht? Wo war doch gleich die Nachricht von XY? Könntest Du am Montag bitte gleich …? – doch damit kann ich gut leben.

Denn ist mein Kopf erst einmal frei von Pitching-Terminen, anstehenden Gehaltsüberweisungen oder sonstigen behördlichen Auflagen, falle ich in meine zweite, nicht weniger umfangreiche Rolle als Mutti – denn auch Juniors Alltag will geplant sein. Geschenk für den nächsten Kindergeburtstag einkaufen, Juniors eigenen Kindergeburtstag planen, Junior zum nächsten sonntagmorgendlichen Fußballturnier bringen, den Untersuchungstermin beim Arzt organisieren und dabei nicht den Termin zur Beantragung des neuen Reisepasses oder das nächste Elterngespräch in der Kita zu vergessen sowie alle anstehenden Punkte auf der Einschulungsliste abzuarbeiten, die wiederum mit zahlreichen Terminen verknüpft ist. Natürlich drehen sich meine Gedanken aber auch sonst meistens um Junior. Gab es beispielsweise Krokodilstränchen an der Kitatür, was in dem Alter glücklicherweise nur noch äußerst selten vorkommt, aber ab und zu kommt es eben vor, finde ich mich nicht selten ebenfalls Tränen vergießend in meinem Auto auf dem Weg zur Arbeit wieder, bevor ich mit einem breiten Lächeln in das Büro trete, meinen Kolleginnen und Kollegen ein fröhliches „Good Morning, how are you?“ (wir sind very international) entgegenrufe. Kein Job ist so nervenaufreibend und wunderbar zugleich wie der einer Mutti.

Indes schreitet unsere Reiseplanung für die USA fleißig voran – ja, auch als Reiseveranstalterin bin ich als Mutti mitunter tätig. Ich habe bereits Zugtickets für die Strecke aus Washington D.C. nach New York City gekauft und auch den Mietwagen werden wir demnächst vorab reservieren. Die Hot Spots unserer Reiseroute sind weitgehend ausgemacht und die ein oder andere Besonderheit im Straßenverkehr verinnerlicht. So habe ich mich bereits ausführlich mit dem Tanken auseinandergesetzt, denn meine ersten Versuche hierzulande waren diesbezüglich auch eher mittelmäßig. Als gebürtige Berlinerin benötigt man aufgrund der dort herrschenden ausgezeichneten Verkehrsanbindung kein eigenes Auto. So musste ich, obgleich ich seit 2007 im Besitz einer Fahrerlaubnis bin, das Fahren erst wieder richtig lernen. Als wir nämlich vor wenigen Jahren in eine Gemeinde in Brandenburg, nur wenige Kilometer von der Stadtgrenze Berlins entfernt, gezogen sind, sah es mit der Nahverkehrsversorgung gleich ganz anders aus. Dabei hat mir die Fahrerei wieder eine gewisse Selbstständigkeit zurückgegeben, war ich doch zuvor immer irgendwie auf meinen Partner als Chauffeur angewiesen. Und als Mutti gehört der Job als Fahrdienstleisterin ja früher oder später sowieso zwingend dazu. Auf jeden Fall freue ich mich schon sehr mit unserem gemieteten Ami-Schlitten über den berühmten Pacific Coast Highway Number 1 zu cruisen. 😉

American Dream

11.04.23 – 20:40 Uhr: Nach kurzer Auszeit am Meer, obligatorischer Familienzusammenkünfte zu Ostern und dem ersten absolvierten Arbeitstag nach den Feiertagen, laufen bereits die Planungen für unser nächstes und erstes, größeres Familienabenteuer auf Hochtouren: eine dreiwöchige Rundreise in den USA und – entgegen unserer bisherigen Reisen – komplett selbstorganisiert.

Gepackt hat uns das Reisefieber vor etwas über einem Jahr, als wir den Beschluss fassten, Onkel und Tante zu besuchen, die es vor über 20 Jahren in die San Francisco Bay Area verschlagen hat. Die Reisedokumentation des Youtubers Termi77 über dessen Aufenthalt in New York City trat unser Reisefieber entgültig los – und so formte sich der Entschluss dazu. Die ursprüngliche Idee war dieses Ostern und damit möglichst viele Feiertage mitzunehmen. Im vergangenen Herbst erfuhren wir jedoch, dass Junior vor seiner anstehenden Einschulung Ende August 2023 einen Monat lang komplett ohne Betreuung dastehen wird, da der Kita-Vertrag bereits Ende Juli ausläuft. So mussten wir etwas umdisponieren. Nach Absprache mit Onkel und Tante ist auch das Gästezimmer im August für ein paar Tage für uns frei, aber wenn man schon mal in den Staaten ist – und wer weiß, wann wir diese Gelegenheit wieder nutzen werden können – möchte man natürlich so viel wie möglich mitbekommen.

Erst jetzt fiel uns auf, wie riesig das Land der unbegrenzten Möglichkeiten eigentlich ist – in drei bis vier Wochen können wir maximal einen Bruchteil unserer Wunschliste abarbeiten – und so mussten wir Florida mit Miami Beach, Graceland, Yellowstone, Las Vegas und die Wüste Nevadas mit dem Death Valley wieder verwerfen, wahrscheinlich besser so mit Kind im Gepäck. 🙂 Trotzdem: New York City will ich mir nicht nehmen lassen – und so habe ich schließlich den folgenden Reiseplan aufgestellt:

Kartenausschnitt © Google.com
  1. Washington, D.C. (3 Nächte)
  2. New York City (4 Nächte)
    • Weiterflug nach
  3. Los Angeles (4 Nächte)
    • Road-Trip mit dem Mietwagen nach Norden über
  4. Pismo Beach (1 Nacht)
  5. Yosemite National Park (1 Nacht)
  6. San José (4 Nächte)
  7. Santa Rosa (4 Nächte)

Das Grundgerüst der Reise steht bereits mit Flügen und Unterkünften. Hier die für uns besten Angebote herauszusuchen hat jede Menge Zeit in Anspruch genommen. Budgetbedingt werden wir die meisten Aufenthalte in über Airbnb gebuchte Ferienwohnungen verbringen, was bedeutet, dass wir definitiv Land und Leute kennen lernen werden – eine kleine Umstellung für uns – sind wir in der Vergangenheit meist im Rahmen von Pauschalreisen unterwegs gewesen. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen ist die Vorfreude riesig.

Nun gilt es, noch alle weiteren organisatorischen Themen zu klären, schließlich müssen wir unsere Reisepässe auf Vordermann bringen und benötigen natürlich auch noch die Einreiseerlaubnis. Sicherheitshalber werden wir uns jeweils einen internationalen Führerschein ausstellen lassen und auch die Frage, ob wir den Mietwagen über einen deutschen oder amerikanischen Anbieter beziehen werden, ist noch zu klären. Darüber hinaus sind unsere Reiseversicherungspolicen zu prüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Und auch unsere Impfstände werden vorsichtshalber überholt.

Die kommenden dreieinhalb Monate bis zum Reisebeginn werden jedenfalls nicht langweilig und schon jetzt kann ich es vor Aufregung kaum aushalten. Ich habe – bis auf eine Familien-Pauschalreise in die Dominikanische Republik vor 25 Jahren – nie einen anderen Kontinent als Europa bereist – auch war ich nie länger als 14 Tage weg von zu Hause – abgesehen von mehrwöchigen Seminarphasen in Darmstadt im Rahmen meines dualen Studiums. Doch ist Darmstadt natürlich kein Vergleich zu Hollywood.

Still gestanden

07.04.23 – 11:48 Uhr: Die vergangenen Wochen waren in vielerlei Hinsicht anstrengend. Ich arbeite in einem Startup, welches – um eine größere Fördersumme zu erhalten – diverse administrative Auflagen und Fristen erfüllen muss, um die entsprechenden Gelder abzurufen. Dies war mit zahlreichen Aufgaben, Abstimmungsterminen und längeren Arbeitszeiten verknüpft. In der gleichen Zeit habe ich mit der Organisation einer dreiwöchigen Fernreise mit meiner Familie im Sommer begonnen. Dazu wird es hier in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich noch viele Neuigkeiten geben. Jedenfalls: an Schlaf und Erholung war in den vergangenen Tagen kaum zu denken.

Um neue Kraft zu tanken, verweile ich nun seit zwei Tagen mit Mann und Junior in Stralsund mit Blick auf Rügen in einem gleichnamigen Hotel, wohl ein ehemaliges Kasernengelände – und ein wenig mutet es auch noch so an. Die Wetteraussichten sind heute nicht besonders vielversprechend, doch zumindest konnten wir den gestrigen Tag am Strand und Hafen von Stralsund mit jeder Menge Eis für Junior und bei reichlich Sonnenschein genießen. Während der Mann sich gerade nochmal aufs Ohr gehauen hat und Junior sich mit „der Zeichentrickserie „Zig & Sharko“ im Kinderprogramm von SuperRTL unterhält, hier also ein neuer Logbuch-Eintrag.

Meine Idee, heute das Stralsunder OZEANEUM zu besuchen, wurde von den Jungs verworfen, stattdessen steht Inselhopping nach Rügen auf dem Programm. Seit einigen Jahren zieht es uns immer mal wieder für Kurztrips an die See, meistens an die Ostsee. Doch auch die Nordsee steht bei mir immer mehr hoch im Kurs. Vielleicht kann ich meine Männer im Herbst für einen Abstecher nach Ostfriesland begeistern. Heute jedenfalls genießen wir unseren letzten Tag am Strelasund, bevor wir morgen rechtzeitig zu Ostern die Heimreise antreten. Einen kleinen Zwischenstopp wird es dann noch bei Juniors Uroma geben, die auf dem Weg wohnt. Wie im Leben einer Mutti so üblich, werden die kommenden Feiertage weniger von Erholung, als von der Organisation von Juniors Ostereiersuche und dem Beiwohnen einiger Familienfeste, geprägt sein. Ob ich mir Urlaub vom Urlaub nehmen kann?

Meine Gedanken, meine Gefühle, mein Blog

02.04.23 – 21:23 Uhr: Der neue Versuch eines Tagebuchs – eine Idee, die ich eigentlich schon vor Jahren verworfen hatte – die Zeit der persönlichen Blogs ist seit Social Media längst vorbei – lässt sich heutzutage doch in Sekundenschnelle der perfekte Moment für die Nachwelt einfangen. Inzwischen bin ich irgendwo zwischen Facebook und Instagram hängen geblieben, like und kommentiere rastlos die im Retro-Glam gehauchten Aufnahmen von Verlobungen, Hochzeiten, schwangeren Bäuchen, Erstgeborenen oder Fernreisen meiner Mitmenschen, und erfreue mich daran, wenn auch mein vierzehntes Sonnenuntergangsfoto vom brandenburgischen Baggersee am FKK-Strand die eine oder andere Beachtung unter meinen Followern findet. Genau zwei Sekunden genieße ich dann die mir zuteil gewordene Aufmerksamkeit– bis ich mich wenige Momente später erneut zwischen Zusammenschnitten von Katzenvideos oder Werbung für Diät-Apps und Periodenunterwäsche verliere.

Die meisten meiner Weggefährten treffe ich auf der Suche nach Anerkennung jedoch auf einschlägigen Karriereplattformen wieder – und stelle fest, dass ich auf der Erfolgsspur offensichtlich irgendwann einen Zwischenstopp eingelegt habe – der Job, die Connections, das Gehalt, all das wirkt sich eben auf Haus, Garten und Gefährt aus – und damit auf die in Szene gesetzten Momentaufnahmen der Instagram-Highlights in der Community. Währenddessen schlägt mir Spotify den Titel „Lewwerworscht“ der Mainzer Band Humbas vor – und irgendwie passt das, denke ich. Mein Leben gleicht nicht den optimierten Lebensentwürfen der Influencerinnen und Influencer. Ich bin Mutti, arbeite als Managementassistentin in Teilzeit und ich lebe in Brandenburg – „Lewwerworscht“ also – und trotzdem war ich nie glücklicher.

Ich lade Dich ein, von nun an an meinen Höhenflügen – gelegentlich auch Talfahrten teilzuhaben. Wenn meine Motivation für dieses Projekt aufrecht erhalten bleibt, freue ich mich Dich auf meine Reisen zwischen Raum und Zeit – vielleicht aber auch nur zum nächsten Kurztrip an die Ostsee – mitzunehmen.

Willkommen in meinem Logbuch – heute ist der 12.247. Tag meines Lebens. Und von heute an bist Du dabei.